verschiedene: Die Gartenlaube (1857) | |
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das Rosenroth (eine hohnneckende Anwendung dieser Farbe der Liebe!) auch für sie Hoffnungslosigkeit ausspricht.
Ueberschaut man die Karte, welche das Ergebniß der genauesten geognostischen Kenntniß Sachsens, aber leider kein Meisterstück des lithographischen Farbendrucks ist, so sieht es für die Kohlensuchenden vorwaltend rosig d. h. trost- und hoffnungslos aus. Doch dürfen sich die unermüdlichen Speculanten am Weiß einigermaßen trösten, von welchem die Farbenscala sagt: „zweifelhaftes Gebiet, in welchem möglicherweise Braun- oder Steinkohlen gefunden werden können, in welchem aber kein bestimmter Grund vorliegt, danach zu suchen.“
Ob sich wohl die Actienindustrie durch diese letzten Worte immer wird abhalten lassen, doch zu suchen? Nun, wenn auch wahrscheinlich keine Steinkohlen, so könnten sich doch hier und da vielleicht Braunkohlen finden.
Im Süden des Königreichs ist gar nichts zu hoffen, denn da ist die Braunkohlenfärbung bereits jenseits der Landesgrenze in Böhmen. Es wäre daher der sehr dankenswerthen Karte sehr zu wünschen, daß die Landesgrenzen darauf angegeben wären, damit es nicht etwa Einem, der in derlei Unternehmungen stärker ist als in geographicis, widerfahre, auf ein böhmisches Braunkohlenfeld, die gleich jenseits der Grenze sehr umfänglich sind, ein Actienausschreiben zu machen.
Die Kohlenkarte weist drei große und einige kleine Steinkohlenbecken nach. Das größte von jenen ist das Zwickauer, welches sich nordwestlich breit in das Altenburgische hineinerstreckt und östlich in einem nordwärts gekrümmten Bogen über Chemnitz und Frankenberg bis über Hainichen hinausgeht, wo Steinkohlenwerke im Betriebe sind. Das zweite größere Becken ist das Potschappeler oder das des Plauenschen Grundes. In beiden wird bekanntlich Steinkohle in größtem Maßstabe gefördert. Das dritte blos schwarz gefärbte Becken, wo also Steinkohlen „mit einiger Wahrscheinlichkeit nachzusuchen sind“, liegt um die Stadt Mügeln herum, zwischen Leisnig und Oschatz. Zwei kleine schwarze Stellen finden sich bei Geithain und Kohren, und vier dicht an der böhmischen Grenze bei Olbernhau und Geising.
Das Braunkohlengebiet haben wir mehr in den nördlichen Landestheilen zu suchen, in den Niederungen der Elbe, der Mulde, der Elster und der Pleiße, wo auch an vielen Orten Braunkohlengruben im Gange sind. Dasselbe gilt von der Oberlausitz, wo namentlich bei Zittau eine große Braunkohlenausbeutung stattfindet.
So hätten wir denn für Sachsen eine maßgebende Anleitung für Kohlensucher. Möge in anderen Ländern bald Nachfolge erstehen.
Wie die Vertheilung der Steinkohlenformation in ganz Deutschland sich zeige, soll in einem zweiten Artikel mitgetheilt werden, welchem sich dann noch einige weitere anreihen sollen über die Steinkohlenformation im Allgemeinen, über das Vorkommen der Steinkohlen, über ihre Entstehung und über ihre Gewinnung. Mit der Braunkohlenformation, die einer viel neueren Epoche angehört, und mit der Torfbildung soll dann der Kreis der vorweltlichen Brennstoffe geschlossen werden. Wir hoffen dadurch vielen unserer Leser einen nicht unnützlichen Dienst zu erweisen, wenigstens scheint es ganz angemessen, daß diese wichtige Tagesfrage, ja eine Lebensfrage unserer Zukunft, in der Gartenlaube einmal mit einiger Ausführlichkeit behandelt werde.
Die Länder an der Mündung des größten deutschen Stromes haben eine so hohe commercielle und strategische Wichtigkeit, daß die europäische Politik sie nicht aus den Augen verlieren kann und Deutschland ein besonderes Interesse an der Entwickelung der gegenwärtig darüber schwebenden Streitfragen nehmen muß. Werden die Donaufürstenthümer einer neuen, von der Pforte unabhängigen Herrschaft unterworfen, so gerathen wir in die Gefahr, daß uns die Schifffahrt in’s schwarze Meer wieder verlegt und unsern Waaren der Absatz in diesen Provinzen selbst wie durch dieselben weiter in die Länder des Orients behindert wird. Die Pforte aber erleidet den Nachtheil, daß die Kraft ihrer Vertheidigungslinie an der Donau eine wesentliche Schwächung erfährt. Widdin befand sich beim Ausbruch des letzten Krieges in so wenig haltbarem Zustande, daß ohne die auf walachischem Boden bei Kalafat errichteten Erdwerke die Eroberung dieser Festung den Russen möglich geworden und damit eine Straße nach Constantinopel eröffnet worden wäre, auf der sie europäischen Hülfstruppen der Pforte nicht sobald begegnet sein würden. Ein künftiger Fürst der Walachei und Moldau würde den türkischen Festungen gegenüber andere erbauen und damit dem Angriff auf erstere, wenn dieser von einer großen europäischen Macht unternommen werden sollte, einen festen Stützpunkt bieten. Der politischen und religiösen Aufregung in den türkischen Ländern jenseits der Donau wäre alsdann weit leichter Nahrung zu geben und die Zertrümmerung der Pforte dadurch zu bewerkstelligen.
Man darf sich nach solchen Betrachtungen nicht wundern, daß der Streit über die Zukunft dieser Länder zu einem schweren Gewitter geworden ist, welches nicht weichen und wanken will. Es entladet sich zwar nicht, doch gucken fortwährend drohende Blitze aus dem Schooß der finstern Wolken und die Besorgniß, welche sie erregen, hat sich an allen europäischen Börsen zu erkennen gegeben. Seit England seine ganze Aufmerksamkeit und Kraft nach Indien richten muß, und die Pforte durch die drohende Haltung von vier Mächten, die an den Pariser Verträgen betheiligt sind, eingeschüchtert worden ist, blieb Oesterreich zur Wahrnehmung der eigenen, der deutschen und europäischen Interessen allein auf dem Kampfplatz, und sein ruhiger, aber entschlossener Widerstand führte zu einer solchen Spannung zwischen Wien und Paris, daß die Zukunft um so bedrohlicher erschien, je größere Fortschritte die Annäherung zwischen Frankreich und Rußland machte.
Diese bedenkliche Erscheinung hat jedoch eine sehr glückliche Wirkung in Deutschland hervorgebracht. Die Verstimmung zwischen den Regierungen, die Verschiedenheit der Auffassung der politischen Lage, die nebenbuhlerische Eifersucht der beiden deutschen Großmächte sind plötzlich dem Bedürfniß eines einträchtigen Verhaltens gewichen. Gleichzeitig haben sich alle politischen Parteien Deutschlands in der Ueberzeugung zusammen gefunden, französische Ein- und Uebergriffe entschieden zurückzuweisen. Den politischen Gedanken Frankreichs im Orient erkennt man nicht mit völliger Deutlichkeit. Anscheinend liegt darin nur ein Zurückweichen von allen Grundsätzen, welche beim Ausbruch des orientalischen Krieges verkündet und durch denselben zur Geltung gebracht wurden. Durch eine Wiedereinsetzung Rußlands in den früheren Stand sollte, so nimmt man an, diese Macht zur Unterstützung der anderweitigen Pläne Frankreichs bewogen werden. Alles, was an der Oberfläche der Gegenwart erscheint, sind nur vereinzelte Bewegungen einer complicirten Maschine: der Gedanke des dritten Napoleons besteht aber unstreitig in dem Bestreben, Frankreich aus einer Continentalmacht zu einer Weltmacht zu erheben. Die Umstände begünstigen das Vorhaben des Kaisers. Die Gelegenheit zu kriegerischem Ruhm, zu Erhöhung von Macht und Einfluß eröffneten ihm die Mißgriffe des Kaisers Nikolaus. Die jetzige Schwächung Englands erleichtert das Fortschreiten zu großen Zielen. Wie in Vorausberechnung solcher Ereignisse sind in Frankreich ungeheuere Anstrengungen gemacht worden, die Seemacht auf gleiche Höhe mit der Englands zu bringen. Bereits ist es dahin gekommen, daß die englische Regierung, so ungemein dringend schleunige Hülfe in Indien nöthig war, doch nicht wagte, ihre Dampfflotte zum Transport der Truppen zu verwenden, um die Küsten des eigenen Landes nicht zu entblößen. Sollten erschütternde Schicksalsschläge Englands Kraft lähmen, so könnte sie auch zur See von Frankreich überflügelt werden. Welche Erfolge stehen aber einer Regierung in Aussicht, die mit großen maritimen Hülfsmitteln eine gewaltige Landmacht verbindet und diese beiden
verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 578. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_578.jpg&oldid=- (Version vom 28.5.2023)