verschiedene: Die Gartenlaube (1857) | |
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eingenommen. Origineller bin ich aber fast noch nicht gereist, denn wir hatten das nach hinten hinausgehende Cabriolet. Es war ein sonderbares Fahren; fast senkrecht hinab ging das Leder der Trommel, die Erde floh unter unseren Füßen, und wenn es bergauf ging, gesellte sich der lustige, redselige Fuhrmann zu uns und schien sich für verpflichtet zu halten uns von seinem Leben und seinen Abenteuern zu erzählen.
Immer mehr und mehr überschreitet man die Vorberge des thüringer Waldes, und als es wiederum Abend war, langten wir in Rudolstadt an.
Der „Ritter“ (Gasthaus), der bescheiden das Epitheton ornans „muthig“ unterdrückt, tritt im Uebrigen dennoch nicht so bescheiden auf, als jener in Kösen. Er war unsere Zuflucht, Der herrliche Abend führte uns noch auf den Anger, eine parkartige Anlage mit Bierlocalen, und zu dem angefangenen Theater. Wie die Ruinen von Pompeji lagen die Steine im Mondschein da. Das Jahr 1848, welches so viele Verhältnisse änderte, hat auch hier das Seinige gethan. Der Bau wurde inhibirt, und wartet man noch einige Zeit mit der Vollendung, so kann man wenigstens schon wieder Viehfutter auf den vermodernden Steinen ernten. So weit der Grund auf das Ganze schließen läßt, ist es geräumig und bequem angelegt und die Stadt einer hervorragenden Zierde beraubt. Rudolstadt selbst, zwischen seinen Fichtengehölzen, ist ein anmuthiges kleines Städtchen, das sich ländlich-kokett unter dem ziemlich bedeutenden Schlosse ausbreitet. Am Morgen erstiegen wir dasselbe. Ein menschenfreundlicher Soldat, ein werthvolles Vorbild für unsere uniformirten Bauern, übt hier auf Commando das Recht des Umherführens und lüftet, gegen ein mäßiges Honorar, den Schleier der Geschichte, die schon bei dem ersten Auftreten der Thüringer von den Herzögen von Rudolstadt erzählt. Im siebenten Jahrhundert soll die Stadt gegründet, im sechzehnten jedoch das Schloß auf den Trümmern der alten Heideksburg erbaut sein. Die Gesellschaftszimmer, welche dem Fremden gezeigt werden, gehören der Zeit des ausschweifendsten Zopfes an und ist besonders der große Eßsaal hervorzuheben. Trotz aller Fehler dieses, in allen Formen extravagirenden Zeitalters, macht dennoch die heitere Ueppigkeit, die Verschwendung des Raumes einen großartigen Eindruck und der Ueberfluß von Linien und Schnörkeln, die vor Uebermuth nicht wissen wohin, harmonirt vollständig mit den decolletirten Weibern jener Zeit, die in einigen lüsternen Bildern die Architektur ergänzen. Das Ganze aber leidet an Verfall und die schönen, nobel angelegten Treppen, welche von unförmlich hölzernen Geländern begleitet sind, die wurmstichigen, entfärbten Fensterrahmen zeigen, ebenso wie der äußere abgefallene Putz und der hübsch angelegt, aber schlecht behandelte Park, einen gewißen Ueberdruß oder Geldmangel des Besitzers. Und dennoch! wie glücklich wohnt er hier, dieser kleine Fürst! Es ist der wohlhabende Privatmann mit einer Handvoll Militär, der für den Lauf der Welt Gott und die Großmächte sorgen läßt. Wenn auch, wie ich oft klagen hörte, die Industrie noch im bedeutenden Rückstande bleibt und noch durchaus nicht das Wesen derselben ergriffen ist, so lebt er doch, von seinen Unterthanen geliebt, still und ruhig und „Unser Durchlauchtigster“ ist immer das dritte Wort der Bevölkerung.
M. R–r. in Dresden. Sie machen uns auf das Gedicht „Franz Liszt in Leipzig“ im 3. Hefte der Brendel’schen Anregungen aufmerksam und fordern eine Abfertigung dieses Machwerks. Die Gartenlaube ist nicht der Ort, dergleichen Lächerlichkeiten zu rügen, zumal wenn sie, wie hier, wenig in’s Publicum kommen und also auch wenig schaden können. Wollten wir allen Bänkelsänger-Unsinn geißeln, der heutzutage unter dem Preßbengel hervorgeht, dürfte der große Raum unseres Blattes kaum ausreichen. Das Gebahren dieser Leute kann übrigens nur Mitleid erregen.
B. in Glga. Sie sind im Irrthum. Das Areal der sächsischen Steinkohlen-Compagnie liegt nicht im Zwickauer Revier, sondern auf Oberlungwitzer Flur, am nördlichen Rande des berühmten erzgebirgischen Kohlenbassins. Daß dieses ganze Terrain sehr kohlenhaltig ist, kann nach den genauen Untersuchungen der bekannten Geologen Professor Naumann in Leipzig und Professor Geinitz in Dresden nicht bezweifelt werden, die Kosten des Abbau’s werden nach den Versicherungen sachverständiger Bergfactoren sogar sehr gering sein, da auf einem großen Theile des Areals die Kohlen nach der Erdoberfläche zu ausstrahlen und also schon in geringer Tiefe angetroffen werden. Ueber die Rentabilität dieses Actien-Unternehmens läßt sich natürlich noch kein endgültiges Urtheil abgeben, doch sprechen alle Anzeichen sehr günstig für dasselbe. Das Areal ist unter sehr billigen Bedingungen und für einen geringen Preis gekauft, die Lage desselben – es wird seiner ganzen Länge nach von der vollendeten Chemnitz-Zwickauer Eisenbahn durchschnitten – eine sehr günstige und die Namen der an der Spitze stehenden Unternehmer sehr ehrenwerthe. So viel wir hören, sind ihre Actien vielfach gesucht. Uebrigens finden Sie die näheren Angaben in dem Prospekt der Compagnie (Leipzig, Brockhaus).
E. M. in London. Das Händelfest kam zu spät. Was soll mit dem Manuscript geschehen?
J. G. in Graz. Ersuchen, das Gesandte franco zu remittiren.
P. T–ow. in St. Petersburg. Bitten, einen Probeartikel einzusenden – vorausgesetzt, daß diese Beiträge nicht in Gedichten oder Novellen, sondern in interessanten Schilderungen russischer Zustände und Verhältnisse bestehen.
Hbg. in Bckbg. Eignet sich nicht für die Gartenlaube.
Salam. in Thn. Das Gerstäcker’sche Buch wird in den nächsten Wochen in sehr brillanter Ausstattung erscheinen.
Dr. Clem. in Rud. Das Fach der Menschenheilkunde hat allein Herr Prof. Bock in der Gartenlaube zu vertreten, bedauern deshalb, auf Ihre Offerte nicht eingehen zu können.
C. C. in Fl. Wenn die Gedichte abdruckenswerth sind – warum nicht?
Bei Ernst Keil in Leipzig ist so eben erschienen:
August Diezmann.
Mit einem Plane vom damaligen Weimar und mit einer bisher noch ungedruckten Abhandlung von Goethe.
19 Bogen. eleg. broch. 11/3 Thaler.Der Verfasser hat es versucht, Goethe’s und seines fürstlichen Freundes Karl August stürmische Jugend ausführlich zu schildern, und legt nun. da beiden in Weimar, an der Stätte ihrer Wirksamkeit, eherne Denkmale errichtet werden, die Frucht seiner Studien nebst Mittheilungen von Zeitgenossen und bisher unbekannten Documenten vor, die Mancherlei aufklären werden. – Es zerfällt diese Schrift in sieben Capitel: 1. Goethes Reise von Frankfurt nach Weimar; 2. Weimar zur Zeit seiner Ankunft daselbst; 3. Der Kreis, in den er eintrat. nebst Schilderungen von Karl August, den Herzoginnen Louise und Amalie. der Sängerin Corona Schröter etc.; 4. Das heitere Leben am Hofe und Goethe’s Betheiligung daran; 5. das fürstliche Privattheater und Goethe’s Thätigkeit für und auf dieser merkwürdigen Bühne; 6. Goethe’s Liebe zu der Frau von Stein; 7. Seine amtliche Thätigkeit in seiner Stellung als Minister Karl August’s bis zu seiner Reise nach Italien.
verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 512. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_512.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2022)