Zum Inhalt springen

Seite:Die Gartenlaube (1857) 321.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

barsches Wort gegen diesen „wunderlichen Heiligen“ eine Revolte unter den an Zahl überlegenen Türken im Schiffe und eine traurige Katastrophe herbeiführen würde.“

„Dem uns unverständlichen Gallimathias des Fakirs hörten die Moslims mit tiefer Andacht zu. Einige Lieder, die er halb näselnd, halb gurgelnd zum Besten gab – gewiß der monotonste und widerwärtigste Gesang, den ich je gehört –, wurden von dem jüngern Theile seiner Glaubensgenossen sogar mit lauten Beifallsäußerungen entgegen genommen. Seine sämmtlichen Waffen ließ er von Hand zu Hand gehen und war sichtlich vergnügt, daß alle Welt sie bewunderte. Hierauf ließ er sich, versteht sich ohne einen Heller zu bezahlen, Wein bringen, trank auf unser aller Wohl und kredenzte zugleich seinen Glaubensgenossen aus seinem Lederschlauche Wasser, das, wie er sagte, einer Quelle am Grabe des Propheten zu Mekka entsprungen war. Nach reichlich genossenem Weine sang er wieder, näselte und rasselte dabei wo möglich noch ärger und machte seinem benebelten Gemüthe durch häufige Zärtlichkeitsausbrüche gegen verschiedene Gäste, besonders gegen den Capitain, Luft.“

Türkische Manier, einen Reitknecht ohne Pferd zu halten.

„So ein Fakir hat die größten Vorrechte, die man in einem mohamedanischen Lande nur immer haben kann: er darf Wein trinken, Schweinfleisch essen nach Belieben, hat vollen Anspruch auf die unbeschränkteste Gastfreundschaft, wohin er kommt und sogar ungehinderten Eintritt in jeden Harem. Auch trägt er einen grünen Turban, ein Prärogativ, welches sonst nur der Sultan, die Mollahs und Imams – Geistliche – so wie die Hadschis, Leute, die das Grab des Propheten besucht haben, genießen.“

„Bei Hirsova verließ der Heilige mit fast allen türkischen Passagieren das Dampfboot und das gesammte Publicum des ersten Platzes athmete auf.“




Ein fahrender Handwerksbursche.

Im Sommer vorigen Jahres kehrte nach achtjähriger Abwesenheit ein junger Mann, Namens Christian Beck, von Profession ein Schmied, in sein bei Gotha gelegenes Heimathsdorf zurück. Er hatte während der Zeit viel gesehen und erlebt, mehr als selbst der weitestgereiste seiner Landsleute, und seine Mittheilungen in verschiedenen Kreisen erregten so viel Interesse, daß man ihn oft und dringend aufforderte, seine Erlebnisse aufzuzeichnen und zu veröffentlichen. Beck wird dies unter dem Beistande eines Bekannten ausführen; und die schlichte Erzählung des jungen Handwerkers von dem, was er in diesen acht Wanderjahren erlebt und erlitten, wird für Viele von Interesse sein.

Hier sei nur kurz erwähnt, daß Beck i. J. 1848 nach Amerika ging, verlockt durch die Schilderungen eines Oheims, der in New-Orleans als Tischler arbeitete. Er fand diesen mit Mühe in Louisville auf, während sich derselbe zur Auswanderung nach Californien rüstete. Durch einen Zufall wurde er darauf Arbeiter auf einer Zuckerplantage in Louisiana und hatte in fünf Monaten Gelegenheit, das eigenthümlich amerikanische Nationalinstitut der Sklaverei kennen zu lernen. Nachdem er eine Reise nach Texas ausgeführt und eine nach Californien unternommen, aber aufgegeben, fiel er, nach New-York zurückgekehrt, Menschenfängern in die Hände, welche ihn auf einem New-Bedforder Wallfischfänger als Schiffsschmied unterbrachten. Auf diesem durchzog nun Beck alle Meere der Welt, passirte die Linie zweimal und fing in den nördlichen

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_321.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2022)