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Seite:Die Gartenlaube (1857) 136.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

fanden wir, was wir wünschten. Der Pfad lief an dem Fuße eines kleinen Hügels vorbei, der die Schlucht, in der die Bewaffneten lagerten, verdeckte; wir durften also hoffen, die Ebene unbemerkt zu erreichen.

Als wir wieder bei den Unsrigen anlangten, fanden wir sie damit beschäftigt, dem Kranken Wasser und Früchte zu reichen. Ich befahl zweien der Indianer, ihn nach unserm verlassenen Lagerplatze zu führen, dort zu verpflegen und unserer Rückkehr zu harren. Den dritten ließ ich mein Pferd mit besteigen, während Pedro auf dem des Mechanikers mit Platz nahm.

So machten wir uns auf, durchtrabten rasch die Ebene und erreichten, als die Dämmerung hereinbrach, die Hacienda des Don Ramirez.

Der würdige Mann war nicht wenig erstaunt, eine so seltsame Cavalcade durch sein Hofthor reiten zu sehen; seine Verwunderung ging aber in dankbare Rührung über, als ich ihm in kurzen Worten den Zweck unseres Kommens erklärte.

„Und hier,“ fügte ich hinzu, „stelle ich Ihnen zwei Freunde vor, die eigentlich nur in diese Gegend gekommen sind, um die Schönheiten derselben zu beschauen, die mir aber nicht zürnen werden, weil ich sie veranlaßt habe, sich bei der Vertheidigung eines Mannes mir zur Seite zu stellen, dessen edelmüthige Gastfreundschaft ich erst gestern genossen habe.“

„Ihnen zürnen?“ riefen meine Freunde lachend; „im Gegentheil, solch’ ein Reiseabenteuer ist ja köstlich!“

Dabei sah sich der Mechaniker nach Pedro um. Der hatte sich aber gleich bei unserer Ankunft fortgeschlichen und war jetzt beschäftigt, das Hofthor gehörig zu verrammeln, wobei ihm die sechs Leute unseres Wirthes nach Kräften behülflich waren.

Diese Vorsichtsmaßregel erschien bei genauerer Besichtigung des Terrains als ziemlich zwecklos, denn die Umzäunung der andern Seiten des Hofes war so niedrig, daß sie leicht überstiegen werden konnte, und ich befahl deshalb meinem eifrigen Diener, seine fortificatorischen Talente lieber auf die Verrammelung des Hauses selbst zu verwenden, das wir alsbald in eine kleine Festung umzuwandeln begannen. –

Mitternacht war schon vorüber, als wir unsere Arbeit vollendet hatten. Wir waren alle in dem großen Zimmer versammelt, aus welchem man unmittelbar durch das große Portal in den Hof hinaustritt, und harrten gespannt der Dinge, die da kommen würden. Die sechs Leute des Don Ramirez, tüchtige, handfeste Bursche, hielten, theils mit Flinten, theils mit langen Säbeln bewaffnet, an den bis zur halben Höhe verschanzten Fensteröffnungen Wache, während unser Wirth, meine beiden Freunde und ich in Obacht nahmen. Pedro und der Indianer schlichen im Hofe umher, und in einem der Seitenzimmer waren die Frau und zwei Kinder nebst den drei Mägden verborgen.

So harrten wir fast eine volle Stunde, und schon stieg der Argwohn in mir auf, der in unsere Gewalt gerathene Flüchtling habe uns getäuscht, als Pedro plötzlich leise an die Thür klopfte. Ich öffnete und ließ ihn eintreten.

„Unter den Cacaobäumen wird’s lebendig,“ raunte er mir zu, „es bewegen sich dort Gestalten hin und her, und ich sah Waffen blitzen.“

Der Mond schien hell und beleuchtete die Gegend, welche wir vor der Fronte des Gebäudes übersehen konnten. Ich erstieg die Verschanzung vor einer der Fensteröffnungen und gewahrte nun auch mehrere Männer, die im Schatten der Baume hin und her gingen. Ihre Zahl mochte fünf oder sechs betragen, aber schon im nächsten Augenblick traten noch einige hinzu, und nach kurzem Verweilen schritten alle langsam und vorsichtig auf die Umzäunung des Hauses zu.

Als sie bei derselben angelangt waren, späheten sie nach allen Teilen umher und begannen dann sie zu übersteigen.

Wo befand sich der Indianer? Pedro hatte ihn aus den Augen verloren, als er fortschlich, um mir die Nachricht von dem Herannahen der Banditen zu bringen. Ich konnte ihn nirgends im Hofe entdecken.

Die Bewaffneten hatten jetzt sämmtlich den Zaun überstiegen und schlichen leise der Hauptthür zu, die ich wieder verriegelt hatte.

Wir waren alle an die Fensteröffnungen getreten, und auf meinen Commandoruf feuerte jetzt Jeder nach der Richtung hin, wo die Räuber standen.

Diese erste Salve war von schrecklicher Wirkung. Vier der Kerle lagen am Boden und ein fünfter sprang heulend bei Seite. Die übrigen, wildaussehende Menschen von riesiger Gestalt, blieben muthig stehen, und als wir nun das Thor aufrissen und allgesammt hinausstürzten, schickten sie sich zur verzweifeltsten Gegenwehr an.

Der Mechaniker, der seine Flinte weggelegt und dagegen einen Stoßdegen in die Hand genommen hatte, stürzte sich auf den zunächst stehenden der Banditen, wurde aber nach kurzem Gefecht zu Boden geworfen, und schon zückte der Gegner den langen Dolch auf seine Brust, als Pedro herbeistürzte und den Kerl mit einem kräftigen Kolbenstoß bei Seite warf. In demselben Augenblick aber sank er selber zur Erde, ein Pistolenschuß hatte ihn kampfunfähig gemacht.

Da erschien plötzlich die Gestalt des vermißten Indianers im Rücken der fechtenden Räuber. Mit wildem Geschrei stürzte er sich auf diese, welche, durch den unvermutheten Ueberfall außer Fassung gebracht, sofort die Flucht ergriffen und über den Zaun zu entkommen suchten. Aber es war schon zu spät. Wie der Blitz waren die Leute unseres Wirthes ihnen auf den Fersen, und in den nächsten Minuten lagen sie entwaffnet am Boden.

Der Mechaniker, welcher beim Fallen nur eine leichte Contusion erhalten hatte, war inzwischen wieder auf die Beine gekommen und hatte seinen tapfern Retter, meinen braven Pedro, in’s Haus getragen. Die Wunde des armen Menschen blutete stark. Anfangs vermutheten wir, es sei ihm ein Knochen im Arm zerschmettert, es zeigte sich jedoch bald bei genanerer Untersuchung, daß nur das dicke Fleisch des Oberarmes zerrissen war. Donna Ramirez, eine gewandte, erfahrene Dame, legte dem Verwundeten sogleich einen Verband an, und als man den beim Beginn des Gefechtes verwundeten Banditen hereintrug, war sie mit derselben Bereitwilligkeit zur Hand, auch diesem ihre Sorgfalt und ihr Erbarmen zu widmen.

Die Gefangenen hatten wir indeß gefesselt und in einen kleinen festen Stall gesperrt, wo die Dienerschaft sie streng bewachte; die Todten schleppten wir in einen tiefen Graben am Eingänge zu den Cacaogärten und bedeckten sie dann am folgenden Morgen mit Erde und Rasen. Den Indianer ließ ich mein Pferd besteigen, um eiligst Nachricht von dem Vorfalle an die Behörden in Granada zu bringen.

So endete unser Abenteuer in der Hacienda des edlen Don Ramirez. Als am folgenden Morgen die Sonne strahlend emporstieg und wieder Wald und Feld und die fern rauschenden Wogen des Nicaragua Sees mit goldigem Schimmer übergoß, trat ich an das Lager meines Pedro, an dem der Mechaniker die ganze Nacht gewacht hatte. Pedro schien sich ziemlich wohl zu befinden. „Armer Freund,“ sagte ich, ihm herzlich die Hand drückend, „wie schmerzt es mich, daß Du so leiden mußt.“

„O das wird bald überstanden sein, Señor,“ erwiederte er lächelnd, „und dann habe ich ja auch diesem Herrn,“ dabei sah er den Yankee schelmisch an, „deutlich beweisen können, daß wir Leute von Nikaragua keine Hasenfüße sind.“

A. Wulfert. 


Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg.

Es mag wohl kaum ein zweites Institut der bürgerlichen Gesellschaft geben, über welches so viele, sich geradezu widersprechende Urtheile laut werden, als über die Schule. Jede politische, jede religiöse, jede sociale Partei beurtheilt sie nach ihren Grundsätzen, jede stellt an sie gebieterische Forderungen, ja, sucht ihre Zukunft auf sie zu gründen, jede feindet sie an, je weniger sie den von ihr gestellten Forderungen entspricht. So wird sie von allen gemustert, gerichtet und nicht selten verurtheilt. Die Gebrechen der Gesellschaft, des Hauses, des Staates, der Kirche, ja selbst der Revolution, Alles wird auf ihr Kerbholz geschrieben, sie, die so wenig gehört und beachtet wird, deren Forderungen oft geradezu schnöde zurückgewiesen, sie soll zuletzt für Alles verantwortlich

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_136.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2017)