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Seite:Die Gartenlaube (1857) 097.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

zu halten, desto weniger Dampf oder Wassertröpfchen wird sie gleichzeitig festhalten können.

Denkt man sich nun, daß durch den Druck des zum Schreiben gebrauchten Körpers die am Glase haftende Atmosphäre an den beschriebenen Stellen zusammengedrückt und verdichtet werde, so begreift sich leicht, daß jene mit der Anziehung dichterer, schwererer Lufttheilchen beschäftigten Glastheilchen weniger Wasser an sich ziehen, also auch weniger bethauen können. Daraus ergibt sich auch, warum die mit Eis geschriebenen Züge beim Behauchen ganz besonders deutlich werden, da hier außer dem Drucke der Eisspitze auch die Kälte zur Verdichtung der adhärirenden Luft beiträgt.

Ein ähnlicher, durch gleiche Ursachen bedingter Versuch ist folgender. Läßt man auf einer blanken, aber nicht frisch geputzten Metallplatte einen Siegelstempel eine Zeit lang stehen, und behaucht, nachdem man ihn abgehoben, die Platte, so wird durch die Bethauung ein Abdruck des Stempels sichtbar. Deutlicher und schöner als durch das Behauchen wird das Bild, wenn man die Platte, auf welcher der Stempel gestanden, mit Quecksilberdampf beräuchert, was aber wegen der Giftigkeit dieser Dämpfe nur von Sachverständigen geschehen darf.

Zum Schlusse der Betrachtung des beschlagenen Fensters sei noch die Vegetation erwähnt, mit welcher sich im Winter die nasse Fensterscheibe an ihrer untern Einfalzung in den Rahmen bedeckt. Man bemerkt an und auf dem Rahmen eine rothbräunliche Gallert, welche unter dem Vergrößerungsglase außer den vom Zimmer angeflogenen Staubtheilchen, einzelne Schmetterlingsschuppen, Härchen und den vom Abwischen sitzen gebliebenen Fasern ein zierliches Pflänzchen zeigt. Es ist freilich so klein, daß erst die vierhundertmalige Vergrößerung ein deutliches Bild gewährt. Es besteht aus einem einer Perlenschnur ähnlichen Stiele, von dem am Ende ähnliche Aeste abgehen, und sieht blaß bräunlich. Die perlenähnlichen Glieder sind die einzelnen Zellen, aus denen das Individuum besteht, und durch deren Theilung es wächst. Merkwürdig ist, daß dieses zarte Gewächs durch das Einfrieren, dem es so häufig ausgesetzt ist, nicht leidet.

Eine viel reichere Flora entwickelt sich an den selten abgewischten Fenstern dunstiger Räume, z. B. an den Fenstern der Gewächshäuser, an denen ein grüner Anflug von Algen und jungen Mooskeimen lustig vegetirt und nicht selten winzigen Thierchen zum Aufenthalte dient.




Erinnerungen von der deutschen Flotte.
II.

Das Leben auf dem Schulschiffe war in Vergleich mit dem, welches wir bisher geführt hatten, keineswegs eine Verbesserung. Jeder Seejunker war bis dahin als Offizier behandelt worden; nun waren wir mit einem Male wieder – Schüler. Der Kapitain unseres Schulschiffes „Deutschland,“ in welchem die halbe untere Batterie zu einem Wohn- und Schlafzimmer für die Junker umgewandelt worden war und das auf dem Deck nur noch acht Kanonen hatte, machte einen etwas komischen Eindruck, wenn man ihn das erste Mal sah, besonders wenn dies nach dem Mittagessen geschah, zu welcher Zeit er sich mit einer Manillacigarre im Munde auf das Verdeck zu begeben pflegte, um die Verdauung durch einen Spaziergang zu befördern. Er hieß T. und, wie schon erwähnt, war von Geburt ein Belgier, von mittlerer Größe und etwas buckelig. Er trug eine Mütze mit sehr großem Schirme, die er über die Stirn hereinzuziehen pflegte, so daß man von seinem Gesicht fast nichts sah als die gewaltige Habichtsnase, die ihm eine auffallende Aehnlichkeit mit einem Papagei gab.

Einige der Junker trugen Röcke, andere Jacken; das mißfiel ihm und gleich als wir ihm das erste Mal vorgestellt wurden, sagte er in seinem gebrochenen Deutsch: „ich will, daß Sie Alle Jacke trage und nicht, daß Einer so, der Andere so angetakelt sei.“ Er ließ die Namen Derer aufschreiben, die Röcke hatten und fuhr dann fort: „was hier aufgeschriebe sei, ist consigneret bis Sie Jacke habbe.“ Zu mir als dem Aeltesten setzte er hinzu: „Erre, Sie sein der Aelteste von die Jonkers, un Sie werde Ihre Kamerade mit die gute Beispiel vorgehe. Wenn Sie etwas sehe, was sich nicht gehoort, so werde Sie es ihne verbiete, un wenn sie nicht gehoorch, werde Sie sie anzeige.“

Wir hatten des Morgens um fünf Uhr aufzustehen und unsere Hängematten selbst aufzuschnüren. Um sieben Uhr folgte das Frühstück. Von halb acht bis zehn Uhr gab es Unterricht in der Mathematik, welchen der Kommandant selbst ertheilte, und bis zwölf Uhr Segel- und Kanonenexercitien. Diesen folgten nach dem Essen Ruderexercitien, zur Verdauung, bis zwei Uhr, dann bis sechs Uhr Unterricht in Sprachen, Navigation, Artillerie, Taktik etc. Nach dem Zapfenstreich mußten alle in den Hängematten sein.

So lebten wir bis die „Deutschland“ zu einer Uebungstour in See gehen sollte. Segel wurden angeschlagen, Boote eingesetzt und endlich war Alles zur Abfahrt bereit, als der wachthabende Seejunker meldete, daß ein Boot den Admiral Brommy bringe. An Bord ließ er alle Seejunker auf dem Hinterdeck versammeln und redete uns an: „Sie werden jetzt in See gehen, um kleine Uebungstouren vorzunehmen. Fast keiner von Ihnen war in seinem Leben mit einem Schiffe unter Segel, obgleich viele schon zwei Jahre im Dienste sind. Hieran sind unsere traurigen Verhältnisse Schuld. Wenden Sie alle Ihre Aufmerksamkeit auf die Manöver. Der Herr Kommandant beklagt sich, daß Sie Schulden am Lande haben. Glauben Sie nicht mit dem Vormarssegel zahlen und sich die Quittungen mit dem Kielwasser schreiben lassen zu können. Auch klagt der Herr Kommandant, daß Schlägereien unter Ihnen vorkommen. Schämen Sie sich; wozu tragen Sie Säbel?“

Dann wünschte der Admiral uns eine glückliche Reise und begab sich wieder mit seinem Boote an’s Land. Ein Ziel hatte unsere Reise nicht, denn der Zweck war nur, uns die See kennen zu lehren, was man auf keinen Fahrten so gut kann, wie auf langen. Wenn die „Deutschland“ eine Zeit lang in der Nordsee gekreuzt hatte, lief sie immer wieder in die Weser ein und ging bei der Mündung derselben zu Anker. Hier befinden sich viele Sandbänke, welche während der Flut mit Wasser bedeckt sind, bei der Ebbe aber hervorragen.

Auf eine dieser Sandbänke pflegte T. uns zum Baden zu führen. Er selbst fuhr in seinem Gig voran; wir ruderten in den Booten der Fregatte hinter ihm her. Bei den Sandbänken mußten wir auf ein Zeichen des Tambours, den er mit sich in’s Gig nahm, uns ausziehen und auf ein zweites Zeichen alle zu gleicher Zeit in’s Wasser springen. Ich erinnere mich, daß er Einem, der früher in’s Wasser gesprungen als das Zeichen gegeben war, mit vierzehn Tagen Schiffsarrest bestrafte. Dieses Baden nach Trommelzeichen war einer der vielen seltsamen Einfälle, die T. hatte und die eine Menge Karrikaturen über ihn veranlaßten, an welchen er aber große Freude zu haben schien. Er sammelte sie, holte gelegentlich ein ganzes Packet aus seiner Rocktasche hervor und erklärte Freunden und selbst Damen ihre Bedeutung.

Nachdem die „Deutschland“ bis zum Herbste auf der Kreuzung geblieben war, ging sie wieder nach B. zu. Als wir uns der Rhede näherten, mußten wir auf T.’s Befehl unsere Kleider auf das Deck bringen und an Leinen wie zum Trocknen festmachen, damit es das Aussehen habe, als hätten die „Junkers“ große Stürme erlebt.

Von der Rede, welche der Admiral bei der Abreise an uns gehalten, hatte besonders der letzte Theil, die Hindeutung auf die Säbel, gewirkt. Es waren, wie dies bei jungen Leuten oft der Fall ist, Streitigkeiten vorgekommen, und ein Duell sollte gleich nach der Ankunft in B. stattfinden. Da beide Duellanten nicht eben große Fechter waren, so wollten sie sich schießen, und weil der Admiral nur von Säbeln, nicht aber von Pistolen gesprochen hatte, hielten wir es für das Beste, die Sache wo möglich im Geheimen abzumachen.

Ich war zum Unparteiischen erwählt und bat den Kommandanten eines Sonntags Nachmittags um die Erlaubniß, mit einigen Kameraden in einem Boote rudern zu dürfen. T., der nichts Böses ahnte, gab leicht die Erlaubniß unter der Bedingung, uns nicht weit vom Schiffe zu entfernen.

Die Gesellschaft, die beiden Duellanten, zwei Sekundanten

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_097.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)