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Seite:Die Gartenlaube (1857) 095.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

und darum – in seinen einsamen Nächten – klagte er. Und bei allen diesen Sonderbarkeiten fand er doch Zeit, für Kunst und Wissenschaft Mancherlei zu thun, und sein kleines Ländchen befand sich unter seiner Regierung materiell wohl.

Auch seine Art, sich bestatten zu lassen, war eigenthümlich. Ohne Sarg, befahl er, solle man ihn, in seinen Mantel gehüllt, auf eine Ruhebank in einem eigens dazu bestimmten Gewölbe niederlegen, das er auf einer Insel nahe beim Schlosse hatte erbauen lassen. Es geschah indeß nicht, doch ist er, so viel ich weiß, ohne Sarg auf der Insel seines Parks eingesenkt. Friedrich der Große hatte auch auf ähnliche Weise bestattet sein wollen, allein man erfüllte seinen Willen nicht.

v. Stg. 


Naturbetrachtungen im Zimmer.
Von Berth. Sigismund.
Am Fenster.
II.
Warum schwitzen die Fenster nicht im Sommer, sondern gerade dann, wenn es kalt ist? – Worin das Schwitzen der Fenster besteht. – Warum bethaut gewöhnlich nur das Glas, nicht auch der Fensterrahmen? – Warum fängt der Niederschlag stets an den untersten Scheiben an? – Warum ist eine bethaute Glastafel nicht durchsichtig? – Warum spiegelt sich an einer bethauten Glastafel die Lampe nicht deutlich ab? – Warum sitzen am Fenster nicht kugelrunde, sondern abgeflachte Tropfen? – Ein Spiel am bethauten Fenster und seine Erklärung.


„Warum schwitzen die Fenster nicht im Sommer, sondern gerade dann, wenn es kalt ist?“ fragte mich ein Wißbegieriger. Man sieht aus dieser Aeußerung, wie ein metaphorischer Ausdruck leicht zum Irrthum führt. Der Mensch ist nur zu geneigt, ein Gleichniß so weit zu verfolgen, bis es hinkt, was zuletzt ein Jedes thut, und bei diesem Verfolgen des Gleichnißwortes verläuft sich der Mensch auch bei philosophischen Fragen gar zu leicht. Deshalb ist die Benennung eines Naturdinges nicht bedeutungslos, und wäre die Wissenschaft einmal dahin gekommen, die Wesen und Vorgänge der Natur nach einem logischen Plane mit Ausdrücken zu bezeichnen, die ebenso folgerichtig als handlich wären, so wäre man um einen sehr bedeutenden Schritt vorwärts gelangt.

Für den Vorgang nun, welchen wir jetzt betrachten wollen, nämlich für das, von den die Blankheit liebenden Hausfrauen beklagte, Schwitzen oder Anlaufen der Fenster gibt es eine Bezeichnung, die nicht nur den sinnlichen Eindruck, sondern auch den Ursprung desselben mit einem anderen ganz entsprechenden in Verbindung setzt; die Bezeichnung ist: das Bethauen. Die feinen Wassertröpfchen am Fenster gleichen in der That in ihrer Entstehungsweise vollkommen den Thauperlen, welche Morgens an Grashalmen und Blättern hängen.

Die Luft innerhalb der bewohnten Räume trägt stets eine gewisse Menge Wasser in luftförmiger Gestalt, als Dampf. Auch Zimmer, in denen kein Kochgeschirr und keine Ofenblase als Dampfkessel wirkt, sind nicht arm an Wassergehalt der Luft. Der Physiolog Valentin fand durch genaue Wägungen, daß er selbst in einer Stunde durchschnittlich 29 Gramm Wasser durch die Haut und 15 Gramm durch die Lunge im Athem ausscheidet. Die dampfartigen Ausscheidungen eines erwachsenen Menschen belaufen sich also in 12 Stunden auf etwa 1 Pfund Wasser. Jede im Zimmer vorgehende Verbrennung (auch das Athmen ist im Grunde eine solche) gibt eine gewisse Menge Wasserdampf an die Luft ab, wie man leicht sieht, wenn man einen kalten Gegenstand kurze Zeit über eine Flamme hält. Jedes brennende Licht, jede dampfende Cigarre wirkt wie ein kleiner Dampfkessel. Auch die, das Winterzimmer theilenden, Pflanzen tragen zur Dampfbildung bei. Hales fand durch Wägungen, daß eine Sonnenblumenstaude täglich 1¼ Pfund Wasser an die Atmosphäre abgibt; ein großer Epheustock oder ein Ficusbaum wird kaum weniger Wasserdampf ausathmen. Aus diesen Thatsachen erhellt, daß es der Luft in Wohnzimmern nie an Feuchtigkeit fehlen könne, und das Hygrometer, mit welchem man den Wassergehalt der Luft bestimmt, bestätigt die reichliche Beladung der Zimmerluft mit Wasser.

Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasser nimmt sie auf, und trägt dasselbe als unsichtbaren Dampf, weshalb nasse Schrift oder feuchtes Linnen am Ofen rasch trocknen. Erkaltet aber eine mit Wasserdampf gesättigte Luft, so muß sie einen Theil der Feuchtigkeit, die sie an sich gerissen, wieder abgeben. Oeffnet man bei großer Kälte das Fenster in einer warmen Stube, so erkennt man an den zitternden und flimmernden Luftwellen den dichter werdenden Dampf; athmet man in frostkalter Luft, so bildet das im Athem enthaltene Wasser sogleich Nebel; steigt die Ausdünstung des warmen Thees an den kühlen Deckel der Kanne, so gerinnt er zu Tropfen; bringt man ein Trinkglas oder einen Leuchter aus der kalten Küche in’s warme Zimmer, so setzen sich an diesen Gegenständen sogleich Wasserkügelchen an. Jene Nebel und Tropfen entstehen aus der Beute, welche die warme Luft sich angeignet hatte, aber, sobald sie in der Nähe eines kalten Gegenstandes abgekühlt wird, herausgeben muß.

Die durch die äußere Luft erkaltete Fensterscheibe gleicht in ihrer Wirkung auf die dunstige Zimmerluft vollkommen dem Deckel der Theekanne oder dem kalten Leuchter. Hauchen wir eine kalte Fenstertafel in der kühlen Jahreszeit an, so bedeckt sie sich mit feinen Tröpfchen, weil der unmittelbar an das Glas grenzenden Luft mehr Dampf beiwohnt, als sie nunmehr zu ertragen im Stande ist. Aber diese Glasscheibe gleicht nicht blos so kleinen Dingen, sie darf sich stolz neben Größeres hinstellen, nicht blos neben den Condensator einer Dampfmaschine, in welchem der thatkräftige Dampf, nachdem er seine Dienste gethan, zu Wasser wird, sondern auch neben die höchsten Berge, an welchen sich nach denselben Gesetzen so häufig und rasch Wolken bilden. Haucht Aeolus vom mittelländischen Meere her die Alpen an, welche mit ihrem Eispanzer eine Mauer zwischen Süd und Nord bilden, so verwandelt sich der warme Athem des Luftgottes sogleich in Nebeldampf und Gewölk, und fällt im günstigen Falle, wenn nicht Luftströmungen ihn weiter tragen, als Regen zu Boden. Wenn sich in klaren Nächten die Luft abkühlt, so läßt dieselbe den Ueberschuß ihres Dampfgehaltes als zierliche Thautropen absitzen. Wir haben also an der anlaufenden Fensterscheibe einen physikalischen Apparat, der die Entstehung des Nebels, Thaues und Regens veranschaulicht, und der Winter, der sich auch sonst als Kinderfreund bewährt, zeigt sich hier als lehrreicher Kunststückmacher. Was der Sommer nach Taschenspielerart während der Nacht oder hoch in den Lüften treibt, so daß wir nur den Erfolg, nicht das Verfahren des Kunststückes sehen, das zeigt der treuherzige Winter den Menschen im Spiele innerhalb des Zimmers.

Aber zugleich stellt der nordische Geselligkeitsfreund, der die Familien so gern traulich zusammengeschaart sieht, einige Räthselfragen an die forschlustige Gesellschaft, wohlwissend, daß Räthsel und Charaden eine unentbehrliche Würze der geselligen Kreise sind.

Zuerst stellt er das Räthsel auf: „Warum bethaut gewöhnlich nur das Glas, nicht auch der Fensterrahmen?“ Der freundliche Leser, der sich des im ersten Abschnitte unserer Hausphysik erwähnten Versuches über die Wärmeleitung erinnert, wird die Auflösung sogleich haben. Das Glas gibt von der vom Ofen erborgten Wärme mehr an die Straßenluft ab, als der Holzrahmen, und darum erkältet die kühlere Glasscheibe die benachbarte Luft stärker, so daß diese einen Theil des Dampfes niederschlägt. Doch hat die Glasscheibe keineswegs das Alleinrecht zu bethauen, bei großer Kälte bedecken sich auch die Fensterrahmen mit Tropfen.

Das zweite Räthsel des Winters heißt: „Warum fängt der Niederschlag stets an den untersten Scheiben des Fensters an, und warum bethauen diese stärker als die oberen?“ Da die Auflösung nicht rasch erfolgt, gibt er lächelnd zum Stichworte: „kalte Füße, kalter Fußboden.“ Das führt auf die Lösung. Die Luft am Boden des Zimmers ist immer kühler, als die in der Nähe der Decke befindliche. Die Stubenfliege weiß das recht gut, in der kühlen Zeit setzt sie sich stets an die Zimmerdecke zur Ruhe. Diese Temperaturverschiedenheit

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_095.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2021)