verschiedene: Die Gartenlaube (1857) | |
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Exemplare und Species von Gewächsen und Thieren des Meeres, Vertreter von mehr als 200 Gattungen. Die für sie gefüllten Tischoceane zwischen Spiegelglasplatten enthalten mehr als 1000 Gallonen Seewasser. Sie werden von einer Anzahl eigens dazu eingeübter Fänger von verschiedenen Gestaden aus immer wieder frisch versorgt, so daß durch den Absatz kein Mangel entsteht. Bereits leben viele Hunderte von Menschen blos von diesen schönen neuen Schätzen aus dem Meere, das überhaupt Ernten liefert, fruchtbar und ergiebig, wie kaum eine zu Lande. Von diesen Schnittern des Meeres sprechen wir ein andermal.
Die Marinefauna und Flora Lloyds ist bis jetzt die reichste und vollständigste und bietet selbst Bewohnern des Meeresstrandes, die sich leicht selbst einen Ocean auf dem Tische beleben könnten, große Vortheile, da nicht nur die größte Auswahl von allerhand nöthigen und bequemen Bestandtheilen und Hülfsmitteln geboten wird, sondern auch die Laien (und wir sind es noch ziemlich alle) die nöthige Belehrung und solche Arten von Thieren und Gewächsen zusammengestellt erhalten, die zu einander passen und den gläsernen Käfig vertragen können.
Die Entdeckung einer Methode, Seewasser künstlich nachzumachen, die wir ebenfalls in einer früheren Nummer der Gartenlaube[1] mittheilten, gibt nun in Verbindung mit diesem schönen, neuen „Seehandel“ Jedem leichte Gelegenheit, die Naturgeschichte der Meerestiefe aus lebendiger Quelle zu studiren, und nicht nur sein Zimmer auf die neueste und nobelste Weise zu schmücken, sondern sich auch täglich Genüsse zu verschaffen, die früher allgemein verschlossen waren.
Wir können übrigens nicht umhin, zu bemerken, daß das künstliche, mit der größten chemischen Genauigkeit componirte Seewasser nach den Erfahrungen des Direktors der Zoophytenhäuser im zoologischen Garten des Regents-Parkes zu London, auch wenn die chemische Analyse nicht den geringsten Unterschied von dem natürlichen entdecken kann, sich nie als wohlthätig für Thiere und Pflanzen erwies. Sie halten sich wohl darin selbst ziemlich lange, gedeihen aber nicht, wachsen nicht, sondern verschrumpfen in der Regel mit der Zeit, während sie im natürlichen Seewasser sich vermehren, wachsen und frischer zeigen. Dies ist zugleich wieder ein Beispiel, daß die Natur auch für den feinsten Chemiker noch ihre Geheimnisse hat. Wir können auch auf chemischem Wege nicht den „Odem Gottes,“ nicht das Geheimniß der Lebensfreude in unser wissenschaftliches Seewasser hauchen.
Bei den jetzigen Kommunikationsmitteln wird es daher rathsam und im Ganzen nicht kostbar sein, sich in Hafenstädten Lieferanten natürlichen Seewassers zu verschaffen. Die Ausgabe ist nicht oft nöthig, da man selbst im Zoophytenhause zu London schon ganzer siebzehn Monate in einigen Aquarien das Wasser nicht erneuert hat, ohne den darin lebenden Gebilden zu schaden. Das Wasser hält sich also lange, vorausgesetzt, daß es lebenskräftig erhalten, ventilirt und mit Sauerstoffquellen versorgt wird.
Für Herren von „Seen im Glase“ wird es von Interesse sein, zu erfahren, daß in dem Etablissement Lloyd’s auch solche Süßwassergeschöpfe gehalten und verkauft werden, die selten oder nie lebendig gesehen und beobachtet werden konnten, und daß Aquarien oder vielmehr Wasserpflanzen-Treibhäuser seltene Farren, Lichenen und Moose und noch seltenere amphibische Pflanzen und Thiere zum Beobachten und Studiren in ihrem geheimnißvollen Wachsen und Bewegen bieten.
In Bezug auf die Wasserbehälter Lloyd’s bemerken wir, daß sie nicht blos im Allgemeinen zur beliebigen Aufnahme von Pflanzen und Thieren, sondern mit Rücksicht auf Bedingungen des Lichts, der Brechung, Stärke und Richtung desselben, des Wasserdruckes, der Tiefe u. s. w., für bestimmte Gattungen von Pflanzen und Thieren construirt werden. Man hat dabei theuere Erfahrungen und Studien der Thiere in ihren natürlichen Zuständen zu Grunde gelegt. Nur die äußerlichen Formen und Arrangements sind für Zwecke der Dekoration und Schönheit eingerichtet, so daß die Aquarien zu anmuthigen Zimmerverzierungen werden. Wer hier die Schönheit und Pracht hoch anschlägt und die Mittel nicht scheut, kann erstaunliche Prachtwerke bekommen, welche jeden andern Luxus im prächtigsten Saale verdunkeln. Es gibt drei Stockwerk hohe Oceane mit Springbrunnen, beweglich auf kostbaren Ständern und strahlend in goldenen Kanten. Doch nichts geht über die Strahlen der Sonne, die ihre Seesterne und Thierblumen unten mit allen Farben des Regenbogens umspielt und über das freudige Aufperlen von Lebenslust aus grauen und rothen Geweben und Haufen von Seegewächsen.
Endlich findet man in Lloyd’s Etablissement alle möglichen wissenschaftlichen Werke, Zeitschriften und Abbildungen, die sich auf die betreffenden Zweige der Naturwissenschaft beziehen, so daß man sich theoretisch und praktisch Raths erholen kann.
Die Preise der verschiedenen originellen Verkaufsartikel sind sehr elastisch: für grüne Seegewächse von 4 zu 8 Pence, rothe 6 bis 12, Zoophyten (Madreporen) 1 bis 2 Schillinge, See-Anemonen 6 Pence bis 7 Schillinge für’s Stück, für nackte und behaus’te Hydroiden 6 bis 12 Pence, Sternenfische und in Thürmchen wohnende Meerwürmer 6 Pence bis 2 Schillinge 6 Pence, Crustaceen 6 bis 18
- ↑ Vgl. Gartenl. 1855. Nr. 28.
verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_042.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)