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Seite:Die Gartenlaube (1855) 653.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

u. s. w., kurz, um die ganze Erde herumfliegen kann, ohne kaum mehr Zeit und Geld zu brauchen, als vor 50 Jahren etwa zu einer Reise von Dresden nach Paris.

Die Konkurrenz, welche die Amerikaner bereits mit ihren Dampfschiffen auf beiden Seiten der Landenge von Panama für New-York und Californien oder Australien fertig haben, wird die Compagie ohnehin nöthigen, die wohlfeilsten Preise zu stellen.

So wird es vielleicht schon in einigen Jahren Mode, statt in ein Bad zu reisen und sich da auf vornehme Weise zu ennuyiren, ein Bischen um die kleine Mutter Erde herumzufahren, und zum Herbste oder spätestens zum Anputzen des Weihnachtsbaumes wieder zu Hause zu sein, und etwas Hübsches daran zu hängen vom krösusreichen Onkel in San Franzisko, von der glücklich verheiratheten Cousine in Sydney, dem Schwager in Shanghai, der Tante in Jeddo oder Rangasaki und dem davongelaufenen Enkel, der inzwischen Kultusminister beim Sultan der Menschenfresser von Borneo geworden ist. Findet man jetzt schon überall auf der Erde deutsche Brüder, so sehe ich nicht ein, warum wir später nicht auch überall auf der Erde, Jeder wo anders, Onkeln, Tanten, Cousinen, Enkel und Schwiegermütter finden sollten.




Die Säugethiere Deutschlands in früherer Schöpfungsperiode.

Von C. Giebel.

Deutschland bietet uns gegenwärtig fast in allen seinen Theilen das Bild eines völlig kultivirten Landes. Alles Bewegliche und Lebendige in seiner natürlichen Staffage hat der Mensch im Verlaufe von zweitausend Jahren gewaltsam umgestaltet. Flüsse und Ströme sind in ihr schmales Bett gezwängt und durch schützende Dämme ihre drohenden Fluthen gefesselt, Teiche und Seen trocken gelegt, die dichtesten Waldungen entwurzelt, wüste Strecken in fruchtbare Gefilde verwandelt und die gefährlichen Thiere ausgerottet oder verdrängt. Wo zu Cäsar’s Zeiten noch der riesige Auerochs und das stattliche Elenn in weiten Wäldern weideten, wo Wolf und Luchs und Bär ungestört ihrer Beute auflauerten, wo Sümpfe und Moräste den Verkehr hemmten und öde Sandwüsten eine kümmerliche Vegetation nährten: da breiten sich jetzt üppige Wiesen und Auen von friedlichen Heerden bevölkert aus, unabsehbare Kornfelder wogen ihre fruchtreichen Aehren, Häusergruppen fesseln in Feld und Wald, in Berg und Thal den Blick, Landstraßen und Schienenwege, kein Hinderniß achtend, durchziehen nach allen Richtungen das Land.

So gewaltig aber auch der Einfluß der menschlichen Kultur auf die Physiognomie der Landschaft ist, so vernichtend und schaffend sie auch in die natürlichen Verhältnisse eingreift: so bleibt sie doch weit, weit hinter der Gewalt der gestaltenden Naturkräfte zurück. Diese versenken ganze Ländergebiete unter den Spiegel des Meeres und legen große Strecken des Meeresgrundes trocken, sie treiben Gebirgsmassen mit himmelanstrebenden Gipfeln aus dem Schooße der Erde hervor, zerrütten die festesten Felsenzinnen und stürzen Berge zusammen. Solch’ gewaltsamen Aenderungen der starren Formen folgt eine totale Umgestaltung alles Beweglichen und Lebendigen: Ströme werden zu Teichen und Seen aufgestauet, ihr Bette in andere Richtung verlegt, Wasserbecken durchbrechen ihre Ufer und entleeren sich, die ganze Pflanzen- und Thierwelt wird vernichtet und eine neue wuchert auf ihren Gräbern hervor.

Die Forschungen unseres Jahrhunderts in dem verschlossenen Bau der Erdfeste haben uns die Reihenfolge der großartigen Erscheinungen kennen gelehrt, welche von Anbeginn durch Millionen von Jahren hindurch gestaltend auf die Erdoberfläche wirkten. Wir kennen den vielfachen Wechsel von Land und Wasser, die allmächtige Hebung der kleinen und größern Gebirgsketten, die Pflanzen- und Thierwelt in ihren wechselnden Gestalten durch alle Epochen der Schöpfung hindurch, die ganze Bildungsgeschichte der festen Erdrinde. Und diese Bilder der Vorzeit sind in ihren Hauptzügen bereits allgemein bekannt, so daß eine specielle Charakteristik einzelner Züge nicht mehr räthselhaften Hieroglyphen gleicht. Die Säugethiere unseres deutschen Vaterlandes in den letzten Epochen, so auffallend sie zum größeren Theil auch von denen abweichen, welche heute unsere Wälder und Felder bewohnen, sind für uns keine räthselhaften Ungeheuer mehr. Wir reihen sie Glied an Glied und finden immer mehr und mehr bekannte und befreundete Gestalten darunter. Sie interessiren uns mehr als die andern Thiere, da sie unmittelbar vor dem Auftreten des Menschengeschlechtes – in die secundäre Periode reicht ihre Existenz nicht zurück – die alleinige und freie Herrschaft führten und die Krone der Schöpfung bildeten.

Wir wollen unsere Revue mit den größten und auffallendsten Gestalten beginnen, mit den großen Pflanzenfressern, deren Existenz für die menschliche Oekonomie in der gegenwärtigen Schöpfung von der höchsten Wichtigkeit ist. In ihrer Organisation in mehrern wesentlichen Punkten übereinstimmend, sind diese großen Pflanzenfresser von den Zoologen in eine Hauptgruppe, die Hufthiere, vereinigt worden und zwar als Einhufer, Wiederkäuer und Vielhufer oder Pachydermen. Wir haben heute noch in Deutschland Repräsentanten dieser drei großen Familien, aber freilich nur spärliche gegen ihre Vertretung in der tertiären und der diluvialen Epoche.

Von den Pachydermen oder Dickhäutern ist jetzt nur ein einziges, der kleinste Repräsentant bei uns heimisch, das Schwein, wild in Rudeln unsere Wälder durchwühlend, gezähmt, für die Küche unentbehrlich. Das zahme Schwein, specifisch vom wilden Eber nicht verschieden, ist zugleich der einzige Dickhäuter, der sich gegenwärtig fast über die ganze Erde verbreitet, alle übrigen, groß und klein, haben sich mit Eintritt der gegenwärtigen Ordnung der Dinge in die wärmeren Klimate zurückgezogen und bewohnen auch hier nur beschränkte Gebiete. Der Elephant und das Nashorn gehören Asien und Afrika, der Tapir Asien und Südamerika, das Flußpferd nur Afrika, und die Schweine allen drei Welttheilen, aber auch in eigenthümlichen Gattungen. Alle lebten einst friedlich auf deutschem Boden beisammen und in größerer Mannigfaltigkeit als sie jetzt über Welttheile zerstreut sind.

Das Schwein ist uns aus der diluvialen Epoche in einer Art bekannt, welche sich besonders durch ihre längere und breitere Schnauze, also jedenfalls durch mehr wühlerisches Naturell und Gefräßigkeit von dem lebenden Schweine unterscheidet. Sie war jedoch viel seltener als unser Eber, der freilich auch aus manchen Jagdrevieren schon verschwunden ist, denn die Fossilreste finden sich nur sparsam in fränkischen und westphälischen Höhlen. Dieser gewöhnlichen diluvialen Art ging eine andere von robusterem Bau und größer, im übrigen Habitus aber nicht eigenthümliche Art in der tertiären Epoche voraus, und in deren Gesellschaft eine generisch eigenthümliche, welche im Zahn- und Skeletbau die Mitte zwischen unserem und dem zierlichen Hirscheber mit seinen geweihartigen Hauern auf den molluckischen Inseln hält. Dieser Prototypus bewohnte das südliche Deutschland und die Schweiz.

Das plumpe Flußpferd, in seiner äußern Erscheinung den ungeheuer voluminösen Rumpf auf den niedrigsten Beinen, plumper und unbeholfener als irgend ein anderes riesiges Landthier, bewohnte einst die Ufer der großen Gewässer Süddeutschlands und Frankreichs. Ein wahres Kind der Urwelt, denn sein Rumpf und Kopf waren noch größer, sein Beine noch kürzer und dicker als bei dem heutigen afrikanischen. Es scheint seine Existenz bis an die Schwelle der Gegenwart gefristet zu haben, denn dafür spricht das Vorkommen eines Zahnes auf dem Grunde eines Torfmoores in der Nähe von Erfurt. Es dehnte sein Vaterland über einen großen Theil Europa’s aus.

Ganz gemeine Thiere waren einst in unserem Vaterlande die Rhinoceroten und Elephanten, würdige Genossen des Flußpferdes. Das heutige Nashorn am Cap zeichnet sich durch Größe und Plumpheit, durch den Mangel an Schneidezähnen im ausgewachsenen Alter, und durch zwei Hörner, ein größeres auf der Nase, ein kleineres dahinter, zwischen den Augen vor allen übrigen Arten aus. Ihm ganz nah verwandt war das diluviale Nashorn, welches nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa bis in den höchsten Norden häufig verbreitet war. Denn ihm gehören die vollständigen Cadaver, welche im Eise des Polarmeeres entdeckt worden sind, und die mit ihrem Schicksalsgenossen, dem Mammut, lange Zeit hindurch ein tropisches Klima in der Diluvialzeit an Stelle der heutigen Alles erstarrenden Kälte sprechend beweisen sollten.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1855, Seite 653. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_653.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2023)