Verschiedene: Die Gartenlaube (1855) | |
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von etwa 3 Maaß 70 Gulden kostet, werden natürlich von Herrn L. selbst geliefert, aber angeblich mit Zuziehung eines promovirten Arztes, dem Herr L. für seine Mithülfe ein jährliches, sehr bedeutendes Honorar zahlt. – Jene theuere Tinktur nun bdesteht (nach Wittstein’s Untersuchung) der Hauptsache nach in einer alcoholischen Lösung von Chinin und Eisen (Stoffe, welche allerdings, aber auch mit Unrecht, als Stärkungsmittel angesehen werden) und ist kaum ein paar Gulden werth. Um eine ganz gleiche Tinktur herzustellen, giebt Dr. Wittstein folgende Vorschrift: man löst 52 Gran Eisen in 1 Unze Salzsäure auf, erwärmt die Auflösung, setzt so lange Salpetersäure in kleinen Antheilen hinzu, bis sich alles Eisenchlorür in Chlorid verwandelt hat, und filtrirt. Andererseits löst man 60 Gran schwefelsaures Chinin in der nöthigen Menge verdünnter Schwefelsäure auf, vermischt beide Auflösungen, fügt 40 Unzen ordinären weißen Wein und endlich noch so viel Brunnenwasser hinzu, daß das Ganze 100 Unzen wiegt.
essentia antiphthisica gegen die Lungenschwindsucht, welche in 6 Unzen fassenden Flaschen für den theuren Preis von 3 Gulden vom Buchhändler Otto Spamer in Leipzig verkauft wird, ist nach Wittstein und Mayer nichts als eine höchstens 6 Kreuzer werthe, von den gewöhnlichen Verunreinigungen (schwefelsauren Natron, Chlorcalcium und Chlormagnesium) stark begleitete Kochsalzlösung, der noch eine Spur Jodnatrium zugesetzt ist. Der Verfertiger dieser Essenz, Dr. Julius Lobethal, prakt. Arzt in Breslau, ist aber schlau und behauptet, daß außer diesen Salzen noch von einer Pflanzen-Tinktur eine so kleine Dose in seiner Essenz vorhanden sei, daß dieselbe durch keine chemische Analyse ermittelt werden könne. Schwindel! nichts als Schwindel! Nur ein Blödsinniger wird übrigens diese Essenz für ein probates Mittel zur Heilung der Lungenschwindsucht halten können.
auch beim Buchhändler Otto Spamer in Leipzig zu haben und von einem, wahrscheinlich fingirten Sanitätsrathe Dr. Cernow, so wie von einem Dr. Fleischer in Wien empfohlen, sollen das geschwächte und erkrankte Nervensystem bei Leidenden jedes Standes und Geschlechtes wieder herstellen. Diese Pillen, von denen 100 Stück zu 1 Thlr. (1 fl. 48 kr.) verkauft werden, bestehen (nach Wittstein und Buchner) aus Lakritzen, Baldrianwurzel, Stärkemehl und Sand. – Was hiernach von der Wirkung, dem Preise und den zum Kaufe dieser Pillen öffentlich einladenden Personen zu halten[WS 1] sei, bedarf keiner weitern Auseinandersetzung.
nebst einer, von einem gewissen Dr. Feldberg verfaßten Brochüre über die Wirksamkeit dieser Pillen, unter dem Titel: „Die Taubheit heilbar! Hülfe für Ohrenleidende jeder Art,“ vertreibt ebenfalls Hr. Otto Spamer in Leipzig. Der Erfinder dieser Pillen war angeblich der verstorbene Dr. Pinter in Wien; der jetzige Verfertiger soll der Apotheker Gerhausen in Wien sein. Die Masse, aus welcher diese Pillen bereitet werden, besteht (nach Wittstein) aus Bleipflaster, vermengt mit Kampfer, und eine Schachtel mit 60 Pillen, welche 1 Thaler kostet, ist kaum 1 Kreuzer werth.
unter dem Namen Spiritus Bohemi, wird vom Tabaksfabrikant Franz Cardini zu Frankfurt a. M., das Fläschchen zu 1 Thlr. verkauft und ist kaum 21/2 Sgr. werth, denn es besteht (nach Ludwig) diese „unbezahlbare und vor jedem Verdacht einer Schwindelei zu bewahrende Tinktur,“ aus nichts Anderm als aus einer weingeistigen Auflösung von Kampfer und Gewürznelkenöl.
1) Das Kummerfeld’sche Waschwasser, angeblich ein ausgezeichnetes Heilmittel gegen alle Arten von Hautkrankheiten, vom Dr. C. Schwabe, großherzogl. Amts-Physikus in Buttstädt, in einer besondern Schrift empfohlen, ist (nach Wittstein) eine Auflösung von Kampfer in Brunnenwasser mit Zusatz von gestoßenem Schwefel.}} Die 16 Unzen fassende Flasche von diesem Wasser kostet 2 Thlr. 5 Sgr. (3 Fl. 54 Kr.) und ist nur 171/2 Kreuzer werth. – 2) Die Kraft-Essenz von Dr. Stanley, eine aromatische Tinktur mit Vanille (die Flasche 2 Louisd’or) – 3) Die spanische Kloster-Essenz (die Flasche 1 Thlr.), ein längst bekanntes Destillat von Melissen und einigen ähnlichen Pflanzen. – 4) White’s Augenwasser, bestehend aus Zinkvitriol in Wasser gelößt, mit einigem Nelkengeruch. – 5) Johnson’s Zahnpulver ist ungefähr das Zahnpulver der preußischen Pharmacopöe, nur viel theurer und schlecht verrieben. – 6) Johnson’s aromatische Mundessenz (Pfefferminzöl in Weingeist). – 7) India-Extrakt des Prinzen von Delhi, gegen Sommersprossen. – 8) Dr. Caleb – Kerry'scher Brustthee und 9) Brustsaft. – 10) Stanley’s Gicht- und Rheumatismus-Pflaster. – 11) Orientalische Schönheits-Pastillen (50 Stück 1 Thlr.). – 12) Dr. Heim’s Zahnkißchen (mit einem eingestickten Kreuze). Sie kosten 2 Thlr. das Stück bei einem Werthe von etwa 5 Sgr., denn sie enthalten nichts als Moschus mit Tausendgüldenkraut. – Eine Anzahl dieser nichtsnutzigen Geheimmittel sind von einem Amtsphysikus Dr. Benus, durch kleine, sogen. belehrende Schriftchen eingeführt.
welches vom Augenarzt A. Hette in Regensburg, in Gläsern, welche kaum 4 Loth enthalten, zu 1 Fl. verkauft wird, ist (nach Wittstein) eine Auflösung von verschiedenen ätherischen Oelen und Opiumtinktur in 50prozentigem Weingeist und kostet dem Verfertiger kaum 6 Kreuzer. – Außerdem verkauft derselbe Hette auch noch einen Augenbalsam.
welche in der Gegend von Dünkelsbühl in Mittelfranken von Quacksalbern zusammen für 1 Fl. 6 Kr. verkauft werden, kommen höchstens aus 12 Kr. zu stehen, und bestehen (nach Wittstein): die Salbe aus einem Cerat mit Perubalsam, das Wasser aus gewöhnlichem Wasser, in den etwa eine Drachme feinzertheiltes (naß bereitetes) Calomel (Quecksilberchlorür) durch Schütteln suspendirt wird. Dieses letztere, wenn es einige Zeit gebraucht wurde, ruft seines Quecksilbergehaltes wegen nicht selten Speichelfluß und Wackeln, ja selbst Ausfallen der Zähne hervor.
oder orientalisches Zahnreinigungs-, Stärkungs-, Erhaltungs- und Athem-Erfrischungsmittel, von Carl Kreller, Chemiker und Parfümeriefabrikant in Nürnberg, in Gläsern zu 1 Fl. 12 Kr., besteht (nach Wittstein) aus einem parfümirten Gemenge von Seife, Stärkemehl und levantischer Seifenwurzel, ist demnach allerdings kein schädliches Mittel für die Zähne, aber enorm theuer, denn der Verfertiger gewinnt über 1000 Prozent daran.
von welchem der Flacon, dessen reeller Werth höchstens 3 Sgr. ist, zu 25 Sgr. verkauft wird, besteht (nach Hartung-Schwarzkopf) aus einer gesättigten Lösung von kohlensaurem Kali (gereinigter Pottasche), welche mit etwas Rosenöl und Zimmtöl versetzt ist. Von einer besondern Wirkung dieses Mittels ist gar keine Rede.
welche jetzt in Oesterreich als Geheimmittel angeblich viel verkauft wird, besteht (nach Wittstein) aus 9 Theilen Fett und 1 Theile in Salpetersäure gelöstem salpetersaurem Quecksilberoxyd. Ihr Preis ist natürlich im Vergleich zu den Herstellungskosten ein enormer und ihre Wirkung gleich Null (Nichts).
ob sie nun gegen das Grauwerden oder Ausfallen der Haare empfohlen werden oder ob sie das Wiederwachsen derselben begünstigen sollen, können alle als unmäßig theuer bezahlte und nicht blos nutzlose, sondern oft sogar schädliche Compositionen angesehen werden. Von dem mit unverschämtester Frechheit angepriesenen Eau de Lob existiren Fälle, wo die Haare nicht nur nicht wieder wuchsen, sondern wo die noch vorhandenen theils grau wurden, theils ausfielen.
Anmerkungen (Wikisource)
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 625. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_625.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2023)