Verschiedene: Die Gartenlaube (1855) | |
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antwortete er ihm. Ein Wort gab das andere, bis Caspar in seine blinde Wuth gerieth und die umgekehrte Axt dem Armen auf den Kopf schlug. Mit einem Schrei, den ich gehört hatte, stürzte er zusammen und war todt. Caspar verdoppelte nun seine Hiebe an dem Baume und legte den Leichnam Lorenz’s so, daß ihn der Stamm traf und zerquetschte. Von seiner Frau sagte er, sie sei ihm immer vorgekommen, als sei sie blutig. Sie habe ihn verlockt und seinen Haß gegen Lorenz gereizt in den heimlichen Zusammenkünften, und so habe sie zuerst den Gedanken des Mordes in ihm angeregt. Daher sei er denn auch so wüthend geworden, als sie ihn einen Mörder genannt habe.
Jetzt, – sagte der Holzhauer, – kann ich’s kurz zusammenfassen. Der Prozeß ging zwar langsam, aber das Urtheil lautete auf den Tod durch das Beil. Es wurde an ihm vollzogen.
Seitdem duldete es mich nicht mehr daheim. Die Erinnerungen waren zu schreckhaft für mich. Ich ließ mich hier nieder, um dort wegzukommen und es hat mich noch nicht gereuet.“
Der Holzhauer hatte seine Geschichte geendet. Sie hatte uns alle mit Grausen erfüllt.
Während draußen der Sturm noch immer aus vollen Backen blies und der Regen in Strömen fiel, streckten wir uns auf das Mooslager. Mein Freund schlief bald. Ich aber konnte den Schlaf lange nicht finden, denn die Bilder standen vor meiner Seele, die des Holzhauers Erzählung herauf beschworen hatte.
Hier endet der Abschnitt aus den Aufzeichnungen meines Großoheims, der überschrieben ist: Eine Nacht in der Holzhauerhütte, und den ich hier unverändert mitgetheilt habe.
Der Malakoff einen Tag nach dessen Erstürmung.
Der Anblick der nächsten Früchte des Sieges war entsetzlich. Werden Napoleon und Palmerston bessere aus diesem Blut überdüngten Boden zu ziehen wissen? Werden die Ergebnisse den Opfern entsprechen? Die Zukunft wird antworten. Hier ist inzwischen ein Bild der nächsten Früchte von einem der geschicktesten und berühmtesten Zeichner für englische Blätter, Julian Portsch. Er nimmt seine Skizzen und Bilder immer an Ort und Stelle auf und begleitet die Armeen eben so muthig mitten in die Schlachten, wie Mr. Russel, der Times-Correspondent, der, beiläufig gesagt, von der Times 5000 Pfund Sterling bekommen hat. Außerdem brachten ihm die in einem besondern Bande abgedruckten und in 23,000 Exemplaren verkauften Correspondenzen noch einen Schilling für jedes verkaufte Exemplar, also auch noch mehr als 1000 Pfund. – Julian Portsch zeichnete den Malakoff einen Tag nach dessen Erstürmung, als die Franzosen ihre Verwundeten und Todten sammelten und letztere begruben. Er machte in seinem begleitenden Schreiben auf eine frisch hingeworfene Erdmasse aufmerksam, welche den Deich vor dem Malakoff zum Theil ausfüllte und den Stürmenden Leitern sparte. Diese Erdmasse war sehr dicht mit menschlichen Gliedern, Leichnamen und Halbtodten gefüllt. Eine Explosion hatte sie alle in einem Augenblicke zerrissen, zerschmettert und begraben. Arme, Beine, Köpfe u. s. w. ragten zahlreich aus diesem entsetzlichen Massengrabe hervor und kamen in unaufhörlicher Menge und Entstellung zum Vorschein, als man die Todten begrub.
In den ersten Tagen nach dem Siege war es Mode unter den Alliirten, den Malakoff zu besuchen. Jetzt vermeidet ihn Jeder. Die ungeheuere Menge verwesender Leichname, kaum einige Zoll tief mit Erde bedeckt und zum Theil wieder ausgewaschen vom Regen, verbreitet einen so entsetzlichen Verwesungsgeruch umher, daß es Niemand mehr aushalten kann.
Die einzelnen Details der Erstürmung, welche nach und nach durch die Presse bekannt werden, sind wahrhaft haarsträubend. Es wurde mit einer Wuth und Erbitterung gekämpft, die ihres Gleichen nicht hat in der Schlachtengeschichte, und vielleicht nur durch die neuere Schlacht bei Kars übertroffen worden ist. Halbtodte und Schwerverwundete rollten sich noch wuthknirschend zu dem ebenfalls verwundeten Feinde, um ihre Zähne in das Fleisch des Gegners zu schlagen und dort Leichnam auf Leichnam zu verenden.
Gegen Beutelschneider-Charlatanerien.
Das Geheimmittel-Unwesen, welchem leider zur Schande der Buchdruckerei und Menschheit blos des elenden Geldgewinnstes wegen eine Menge von Journalen, Zeitschriften und Buchhändlern mit allen Kräften förderlich sind, greift täglich immer mehr um sich und meistens in die sauern Ersparnisse armer Kranken ein, ohne daß seinem gewissenlosen, unverantwortlichen Treiben kräftig entgegengetreten würde. Und doch liegt es im innigsten Interesse der Menschheit, daß diesem schimpflichen Industriezweige der Garaus gemacht werde. Vielleicht können wir etwas dazu beitragen, wenn wir die Verfertiger und Vertreiber von Geheimmitteln, als Harpyen, welche mit frecher Stirn versprechen, was sie selbst nicht glauben, und nur darauf bedacht sind, ihren Säckel zu füllen, an den Pranger der Oeffentlichkeit stellen, und wenn wir nach und nach die Zusammensetzung und nachtheilige Wirkung aller Geheimmittel veröffentlichen. Und dies soll denn auch rücksichtslos geschehen. Wir beleuchten zuerst das schädlichste aller Geheimmittel,
welchen schon manches Menschenleben zum Opfer gefallen ist. Sie bestehen nach öfterer und sorgfältiger Untersuchung aus den eingreifendsten Purgirstoffen (Aloë, Gummigutt und Coloquinten), welche sehr leicht, zumal bei häufigerem Gebrauche, auch die beste Verdauung vollständig zu ruiniren im Stande sind, abgesehen davon, daß sie bei den meisten Krankheitszuständen als ganz unpassende Arzneistoffe eine gefährliche Verschlimmerung und selbst den Tod herbeiführen können. Bedenkt man nun noch, daß nach der Vorschrift Morison’s diese Pillen bei jeder Krankheit ohne Unterschied des Alters, Geschlechts und der Körperbeschaffenheit nach dem Grundsatze gebraucht werden sollen, daß je bedeutender und schlimmer die Krankheit, um so größere Mengen davon nöthig seien, so begreift man wahrlich nicht, warum die Vertreiber der Morison’schen Pillen nicht schon längst als Giftmischer und Mörder verfolgt werden. – Mit diesen Pillen auf gleicher Stufe stehend die von einem bekannten industriellen Unterleibsarzt in Berlin gegen habituelle Unterleibsverstopfung angepriesenen, gleichfalls nach Charlatanweise geheim gehaltenen Pillen.
Ein gewisser Herr Laurentius, früher Buchhändler, jetzt in Folge seiner guten Geschäfte (aber nicht als Buchhändler) und durch die Dummheit herabgekommener Wüstlinge, ein reicher Grundbesitzer in Leipzig, ließ ein Buch unter dem Titel „der persönliche Schutz“ (mit Zugrundelegung der La Mert’schen Schrift) drucken, auf dessen letzter Seite sich eine Nachricht findet, worin Herr L. seine Dienste zur speciellen und schriftlichen Behandlung der Leidenden anbietet. Jedem Briefe muß aber ein Honorar von 3 Thlrn (5 Gulden) beigefügt sein, wenn er beantwortet werden soll. Die dann nöthig werdenden Medicamente, unter denen sich als Hauptmittel eine trübe, blassgelbe, säuerlich und bitter schmeckende Tinktur befindet, welche per Flasche
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 624. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_624.jpg&oldid=- (Version vom 30.7.2023)