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Seite:Die Gartenlaube (1855) 464.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

behülflich zu sein pflegten. Der Subscribent, welcher seinen Namen an der Spitze des betreffenden Literaturwerkes veröffentlicht sah, hatte das angenehme Gefühl, durch seinen Beitrag nicht blos ein Exemplar des Buches sich verschafft, sondern unmittelbar auch das Zustandekommen desselben befördert und dazu mitgewirkt zu haben, dem Schriftsteller die aufgewendete Mühe zu vergüten und gleichsam den Dank der Nation für seine auf ihre Veredelung gerichteten Bestrebungen abzutragen. Es entstand dadurch zwischen dem Käufer eines Buchs und dem Schriftsteller eine Art von persönlichem Verhältniß; jener interessirte sich schon im Voraus für ein Werk, dessen Erscheinen ihm speciell angekündigt, und für welches seine Betheiligung in Anspruch genommen war, und der Schriftsteller seinerseits, im Besitze eines Subscribentenverzeichnisses, welches durch die Zahl und die Bedeutung der Namen, die es enthielt, seinen Muth zur Herausgabe und seine Begeisterung in der Ausarbeitung der angekündigten Schrift erhöhte, hatte gewissermaßen das Publikum, zu dem er sprechen sollte, schon sich gegenüber und konnte sogar den Ton und die Haltung seiner Arbeit wenigstens theilweise danach einrichten.

Auch an Versuchen einer Vereinigung der Gelehrten oder Schriftsteller zum Selbstverlag ihrer Werke, um sich von den Buchhändlern unabhängig und ihre literarische Produktion für sich ergiebiger zu machen, hat es im vorigen Jahrhundert nicht gefehlt. Schon Leibnitz hatte ein solches Project entworfen, das aber, wie die meisten Projecte dieses genialen Mannes, unausgeführt blieb. Klopstock kam auf denselben Gedanken zurück in seiner „Gelehrtenrepublik.“ In Folge dieser Anregung entstand auch wirklich in Dessau eine sogenannte „Buchhandlung der Gelehrten,“ die aber ebenso wenig Erfolg und Bestand hatte, als ein in Augsburg unternommener Versuch gleicher Art. Die im Jahre 1781 entstandene, „Union der XXII“ (an welcher unter Andern der vielberufene Bahrdt Theil hatte), scheint ähnliche Zwecke verfolgt zu haben, aber wohl nicht ganz auf die lauterste Weise, wie man wenigstens aus den ablehnenden Antworten und den Bemerkungen darüber von Schlözer und andern namhaften Schriftstellern, die zum Beitritt aufgefordert worden waren, schließen kann.

Zum Schlusse mögen noch einige Notizen über die Zahl der Schriftsteller und Schriftstellerinnen Deutschlands im vorigen Jahrhundert (so weit wir darüber Nachrichten haben), so wie über den damaligen Zustand des schriftstellerischen Gewerbes im Allgemeinen hier Platz finden. Die Angaben über die Zahl der deutschen Schriftsteller im vorigen Jahrhundert (d. h. in den 80er Jahren desselben) schwanken zwischen 4- bis 6000, wogegen man in den 30er Jahren dieses Jahrhunderts, also um etwa 50 Jahre später, schon 18,000 zählte. Schriftstellerinnen gab es nach Knigge 40 bis 50 (gegen heut eine sehr bescheidene Zahl), darunter aber, wie er meint, kaum ein halb Dutzend, die als privilegirte Genies höherer Art wahren Beruf hätten, sich in das Fach der Wissenschaften zu werfen. Speciell in Oesterreich rief das bekannte milde Censuredict Joseph’s II. alsbald fast ein halbes Tausend sogenannter „Büchelschreiber,“ d. h. Tagesschriftsteller der leichteren Sorte, hervor.

Im Allgemeinen war in jener Zeit das Schriftstellern noch nicht so, wie heute, ein besonderes Gewerbe, ein selbstständiger Lebensberuf. Selber die Herausgabe größerer periodischer Schriften war meist nur eine Nebenbeschäftigung angestellter Gelehrten oder Beamten. Ebenso, wie schon oben erwähnt, die Fertigung politischer Correspondenzen. Mehr scheint schon vom Anfange des Jahrhunderts an die Beschäftigung mit literarischer Kritik, das Correspondiren für gelehrte oder ästhetische Zeitschriften von jüngeren Leuten gewerbsmäßig und also wohl auch mit Rücksicht auf einen dadurch zu erzielenden Erwerb betrieben worden zu sein. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, als die gelehrte und noch mehr die belletristische Produktion und Consumtion bereits eine bedeutende Höhe erreicht hatte, ward auch das Schriftstellern immer mehr ein wirkliches Gewerbe, auch in jenem, für die Literatur wenig günstigen Sinne, daß die Schriftsteller sich von den Buchhändlern zu mechanischem, fabrikmäßigem Arbeiten anstellen und bezahlen ließen. Leipzig hatte schon damals den zweideutigen Ruhm, der Mittelpunkt eines solchen fabrikmäßigen Literaturbetriebes zu sein. Es gab hier Buchhandlungen, die zehn bis zwölf Autoren an einem Tische für sich arbeiten ließen. Geschichten, Romane, Reisebeschreibungen, sogenannte „zuverlässige Nachrichten“ und dergl., Alles ward dort fabrikmäßig und auf Bestellung gefertigt. Neun Zehntel der Verfasser von Romanen, Komödien, Gedichten etc. wurden, wie ein Zeitgenosse versichert, in Leipzig gebildet und verwendet. Es gab da besondere „Entrepreneurs,“ welche die einzelnen literarischen Fabrikarbeiter den Buchhandlungen zuführten und das Geschäft vermittelten. Mit Vorreden, berühmten Namen auf dem Titel u. dgl. ward ein ähnlicher Mißbrauch getrieben, wie eben auch heutzutage noch oft geschieht.

In Leipzig bestanden schon um 1770–80 förmliche „Uebersetzungsmanufakturen,“ und die Hälfte der neuen Bücher, die dort erschienen, waren, nach unserm Gewährsmann, Uebersetzungen. Da nach der damaligen Organisation des Buchhandels alle Schriften, welche im Laufe eines Jahres auf den Büchermarkt kommen sollten, zur Osterbuchhändlermesse fertig sein mußten, so kann man sich denken, mit welcher fabrikmäßigen Hast während der letzten Monate vor diesem Termine in jenen Uebersetzungsmanufacturen gearbeitet ward. Neben den Uebersetzungen aus der fremdländischen Literatur mochten jene Fabriken auch vollauf Arbeit finden in der Nachahmung bedeutender oder doch Aufsehen erregender einheimischer Geistesprodukte. Denn, wie heutzutage z. B. Gotthelf’s oder Auerbach’s Dorfgeschichten, so riefen damals Produktionen, wie Goethe’s Götz und Wirth, Miller’s Siegwart und Aehnliches, Massen von Nachahmungen hervor, die glücklicherweise der Strom der Zeit verschlungen hat und nur hier und da einmal der Zufall oder der Eifer eines literarischen Curiositätenkrämers wieder an’s Licht des Tages herauftauchen läßt.




Jagd- und Lebensbilder aus Amerika.

Nr. 5. Ein Lager in den Felsengebirgen. Der alte Schwede.

Das Jahr 1844 steht bei den nordamerikanischen Biberjägern oder Trappers in einem ganz besondern Rufe durch die äußerst günstigen Erfolge der Jagdzüge. Das Glück hatte die kühnen Männer ganz besonders begünstigt und sie thaten sich nach langen und harten Entbehrungen ganz besonders gütlich in dem Genuß der materiellen Güter, die ihnen in den Lagern geboten wurden, welche man auf den gewöhnlichen Sammelplätzen aufgeschlagen hatte.

An einem kleinen Flusse, Larami, hatten die Siouxindianer zugleich mit den Chaukattrussern, die in dem gedachten Jahre 1844 mit den Weißen auf einem sehr friedlichen Fuße lebten, ihre bewegliche kleine Stadt aufgeschlagen; das ganze Lager bestand aus mehr als 700 Hütten, und bot mitten in der Einsamkeit der Felsengebirge einen fast imposanten Anblick. Sämmtliche Hütten waren in gleichlaufenden Linien aufgestellt, und die Zelte der Häuptlinge waren leicht zu erkennen an den grotesk bemalten Wappenschilden, mit denen sie geschmückt waren. Ein Theil des Lagers war für die Handelsleute bestimmt, und hier gewann es den Anschein, als sollte ein sehr munteres Leben beginnen. Die Indianer sowohl als die Biberjäger hatten mächtige Haufen Pelzwerk und die Handelsagenten der verschiedenen Compagnien waren Tausende von Miles gereist, um auf dem Markte gegenwärtig zu sein und Alles aufzukaufen, dessen sie habhaft werden konnten. Die Trappers kamen einzeln oder in Trupps von 3 bis 10 Mann an, die meisten mit großen Packen von Biberfellen auf ihren Pferden oder Mauleseln. Einzelne gingen zu Fuß; sie waren trotz aller ihrer Wachsamkeit so unglücklich gewesen, sowohl ihre Thiere als ihr Pelzwerk im Kampf mit den Indianern zu verlieren, und waren nur froh, daß sie wenigstens ihre Kopfhaut gerettet hatten.

Auf dem Platze, wo der Handel vor sich gehen sollte, waren Tische und Zelte aufgestellt, und in der Mitte hatten Jäger von verschiedener Abkunft, deren Namen wohl bekannt und berühmt waren im „fernen Westen“, mit ihren Packen und Thieren sich gelagert. Es waren, wie gesagt, aber nicht blos Trapper von Profession, die man dort sah; in diesem Lager fand man viele indianische sowohl als europäische Namen vertreten. Da waren Shawnees und Delawaren; canadische Bergjäger und echte Yankeesöhne

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 464. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_464.jpg&oldid=- (Version vom 4.7.2023)