Verschiedene: Die Gartenlaube (1855) | |
|
Ein deutsches Dichterbild.
Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, etwa 1797–1798, sah man vor dem Lyceum in Fulda fast Tag für Tag zu gewisser Stunde einen armen Knaben aus dem Volke stehen, sehnsüchtig nach der Thür schauend, und wenn die Erlösungsstunde für die Studenten geschlagen hatte, Einem derselben, einem großen, schlanken, hübschen Jüngling, rasch entgegengehen, ehrerbietig ihm die schweren Bücher abnehmen und hinter ihm hertraben, unter der Last sich mühend, doch mit glücklichen Blicken, mit freudestrahlendem Gesicht; der Student kümmerte sich um den armen Knaben nicht anders, als daß er ihm an seinem Hause die Bücher stumm abnahm und ihn mit stolzgleichgültigem Blicke entließ; der Jüngling war aber nur stolz auf seine Wissenschaft, denn auch er gehörte mehr dem Volke als der höhern Gesellschaft an; er war der Sohn eines wohlhabenden Bäckers. Dreißig Jahre später: – und dieser Jüngling ist Fürstbischof und der Knabe hat die erste Stufe seines glänzenden Ruhmes als der erste deutsche Romandichter seiner Zeit erstiegen, und jener Fürstbischof schleudert gegen diesen Dichter den Bannstrahl seiner Kirche!
Heinrich König’s historische Romane: „Die hohe Braut,“ – „Die Waldenser“, „William’s (Shakespeare’s) Dichten und Trachten,“ – „Die Clubisten in Mainz,“ und neuester Zeit: „König Jerôme’s Carneval;“ seine größeren Novellen: „Regina,“ – „Veronika,“ – „Spiel und Liebe;“ sein Memoiren-Werk über Georg Forster: „Haus und Welt“ und die Selbstbekenntnisse aus seinem ersten Leben: „Auch eine Jugend“: welcher Gebildete im Vaterlande
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_419.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)