Verschiedene: Die Gartenlaube (1855) | |
|
blos für die Kabinette – und nie im Geheimen dafür besoldet – auch nicht blos für die Gelehrten, er soll auch für die Nation schreiben. Er soll ebenfalls philosophische Durchbildung besitzen, und sie auch seinerseits in das Volk hinüberleiten, und alles Das, was nach dem oben Angedeuteten aus dem Geiste der ächten Weltweisheit folgt. Die Quellen seiner geschichtlichen Abfassung hat ein solcher Schriftsteller nicht blos in anderen, wenn auch noch so bewährten Schriften zu finden, sondern vor Allem in dem Studium, in der Vernehmung der noch vorhandenen lebendigen Wirklichkeit der Geschichte, also in den Augenzeugen, in denen die noch leben, und entweder die einstigen Vorgänge selbst veranlaßten, oder doch mit Denjenigen verkehrten, unterhandelten, vielleicht sogar kämpften, welche einst die Hauptrolle im Geschichtslaufe spielten, und die Umwälzungen herbeiführten. So erst werden publicistische Werke gewonnen, auf welche der künftige Historiker sich verlassen kann, solche, welche die Nation der Wahrheit gemäß unterrichten.
Einer der seltensten deutschen Autoren auf den erwähnten Gebieten, classisch in jedem Betracht, ist, auch nach Herrn von Schön, Varnhagen von Ense, wie auch sein letztes Buch, dieses Meisterstück in der Durchdringung und Darstellung eines Feldherrnlebens, beweist, die Biographie des Grafen Bülow von Dennewitz.
Vergegenwärtigen wir uns einigermaßen, welcher Reichthum des Mitgetheilten, Gelernten, der Unterhaltung, der Erheiterung, bis zum geistreichsten Witzwort und den pikantesten Originalzügen aus der Gallerie des Jahrhunderts uns im Laufe einiger Stunden von dem ausgezeichneten Staatsmanne zu Theil geworden, so bedauern wir um so mehr, hier schon abbrechen zu müssen, und wenigstens für jetzt noch nichts Specielleres mittheilen zu dürfen.
Welche Erlebnisse sind an jenem gründlichsten Beobachter seiner Zeit vorübergegangen, welche Thatsachen, Personen, und nicht vorübergegangen, nein, er bewahrt sie lebendig in sich, er weiß sie durch die Gewandtheit seiner Rede, noch einmal sprechend, handelnd auf den Schauplatz zu bringen. Ganze Zeitalter der Kultur und politischen Geschichte werden uns in solcher Scenerie lebendig, als erlebten wir sie unmittelbar, wenn wir sie aus dem beredten Munde der Herrn von Schön vernehmen. Die Blüthenperiode Königsbergs steht in allen ihren Gestalten aus dem Grabe vor uns auf: Kant, Hamann, Herder, Werner, Hoffmann, Borowski, Mangelsdorf, und erstreckt sich nach Deutschland, nach England hinüber, wo neue Persönlichkeiten uns begegnen. Und nun folgt ein ähnliches Eingehen auf das vorige und jetzige Jahrhundert in dem Processe des Staatenlebens, wo die einflußreichsten, zum Theil noch unerschlossensten Charaktere, wie sie in Intriguen und wahrhaft großen, genialen Handlungen ihre Pläne und Ausführungen über Europa und weiter fortspannen, uns ganz neue Seiten enthüllen und nun erst durchsichtig für uns werden.
Indem wir im Begriff sind, dem Weisen von Arnau uns zu empfehlen, blicken wir noch in die nächsten Räume seiner Umgebung, denn sie bildet der große Mann ähnlich bedeutsam um sich, wie das Gestirn seine Atmosphäre oder seinen Aether, den es sich wolkenlose zu erhalten weiß. Unsrem Standpunkt gegenüber glauben wir ein Bild J. J. Rousseau’s zu erblicken, dessen politische Ansichten und Experimente auf gut Glück, wenn auch mit allem Glanze französischer Eleganz und Beredtsamkeit durchgeführt, einem so logischen Denker und geschulten Staatsmanne wie Herrn von Schön natürlich unendlich fern liegen, welcher aber als Repräsentant einer ganz neuen Geistesbildung in anderen Beziehungen, vor Allem als Naturfreund, ganz in diese Einsiedelei unseres Helden gehört.
Das Eingangs-Zimmer, in welches wir jetzt wieder treten, scheint einem Gelehrten von Fach und nicht einem Staatsmanne anzugehören. Auf einem geräumigen Tische liegen broschürte Bücher massenweise, die in ihren frischfarbigen Umschlägen uns sogleich sagen, daß der Bewohner dieser Räume noch lange nicht abgeschlossen hat, sondern auf den mannigfaltigsten Gebieten den Literaturen der Völker folgt, so daß dieses Gemach nur die Vorhalle zu der Bibliothek ist, in welche diese Novitäten hinüberwandern, um Neuem Platz zu machen. Vielleicht ist es dieser andere Tisch, mit Schreibmaterialien reichlich angefüllt, an dem der preußische Staatsminister täglich seine Denkwürdigkeiten dictirt, deren noch ungeahnte Mysterien vielleicht jene saubersten Eichenschränke verschließen. Das Andenken, welches Herr von Schön in diesem mit höchster Spannung schon längst erwarteten Werke seinen Zeitgenossen schenkt, die fast alle schon dahin sind, wird Epoche bilden in der Geschichte der Denkwürdigkeiten aller Jahrhunderte. Es wird aber auch das Andenken an den Verfasser selbst, in dieser gewiß höchst eigenthümlichen Auffassung wie Darstellung der Ereignisse und Personen, welche doch eben dadurch ganz neue Lichter auf die Wahrheit wirft, in einer Weise überliefern, die ihn selbst auch in seiner großartig unwiderstehlichen Individualität in der Geschichte unvergänglich macht. Königsberg, welches in diesem Sommer sein sechshundertjähriges Jubiläum feiert, hat in dem Staatsminister Herrn von Schön den würdigsten Jubilar zu begrüßen, der dieser Stadt einen ganz neuen Aufschwung gegeben, der dem Vaterlande Außerordentliches geleistet, und der, erfüllt von der treuesten Liebe zu seinem Könige, das Wohl aller Stände, der deutschen Nation, das Gedeihen der Menschheit von Geschlecht zu Geschlecht unverwandt im Auge gehabt hat.
Gesundheits-Regeln.
Der Magen, – ein dudelsackförmiger häutiger Beutel, welcher alles Feste und Flüssige, das wir verschlucken, in sich aufnimmt und seine Lage in der Oberbauchgegend, in der sogenannten Herzgrube und unter den untern Rippen der linken Seite hat, – spielt insofern eine große Rolle im menschlichen Organismus, als er das Hauptorgan für die Verdauung der Nahrungsmittel (und zwar vorzugsweise für die wichtigsten, für die eiweißstoffigen; s. Gartenlaube Jahrg. I. Nr. 39. S. 423) und sonach auch für die Blut- und Stoffbildung ist. Störungen der Magenverdauung, in Folge von Krankheiten dieses Organes, ziehen deshalb bald Blutarmuth und schlechtere Ernährung des ganzen Körpers[WS 1] mit Bleichwerden, Abmagerung, Kraftlosigkeit und Mattigkeit nach sich und können selbst zum Tode durch Auszehrung führen. – Die krankhaften Affectionen des Magens sind: Katarrhe, Geschwüre (a), welche Narben (c) hinterlassen, leichtblutende Abschorfungen (b), Verhärtung mit Verengerung und Krebs; die meisten dieser Krankheiten sind bei richtiger diätetischer Behandlung des Magens heilbar, und die wenigen unheilbaren lassen sich durch richtige Diät weniger gefährlich und beschwerlich machen. – Es deuten sich die Magenaffectionen an: durch Appetitlosigkeit, Ekel, Aufstoßen, Uebelkeit, Sodbrennen, Würgen, Brechen (von genossenen Speisen, sauerem Magensaft, Schleim, Galle oder Blut), bald oder einige Stunden nach dem Essen, und durch unangenehme oder schmerzende (krampfartige, reißende) Empfindungen in der Magengegend (s. Magenkrampf in Gartenlaube Jahrg. I. Nr. 42. S. 456).
Um den Magen gesund zu erhalten bedarf derselbe einer passenden Behandlung von außen und von innen. Die richtige äußere Behandlung besteht darin, daß man zuvörderst dem Magen bei und nach dem Essen den gehörigen Raum zu seiner Ausdehnung und Bewegung gestattet. Deshalb sollten alle, die Oberbauchgegend verengende und zusammenschnürende Kleidungsstücke, wie Schnürleib, Unterrocksbänder, Hosenbund, Weste, Rock u. s. w., soviel als nur möglich locker gemacht werden. Auch ist gleich nach dem Essen das Sitzen mit vorgebeugtem Oberkörper zu vermeiden. Sodann kann nicht genug vor stärkerer Erkältung der Magengegend gewarnt werden, weil diese bei vielen Personen Magenkatarrh nach sich zieht, während Wärme dieser Gegend die Magenverdauung zu unterstützen scheint. Daß stärkere Stöße und Erschütterungen den Magen schädlich werden können, versteht sich wohl von selbst. – Was die innere Behandlung des Magens betrifft, so bezieht sich diese auf die Aufnahme von Stoffen in denselben, welche Schaden verursachen können, im Allgemeinen also auf zu viele, zu heiße oder zu kalte und zu schwer verdauliche, sowie auf sehr reizende und giftige Stoffe (s. einen spätern Aufsatz). Ueberladungen
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Korpers
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_410.jpg&oldid=- (Version vom 25.6.2023)