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Seite:Die Gartenlaube (1855) 276.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

mehr als einer Einlieferung und Verurtheilung beiwohnte, glaubt hier ein wenig berichtigen zu dürfen, ohne deshalb dem chevaleresken Charakter der Ungarn, der selbst dieser Klasse, die außer dem Gesetze steht, eigen ist, nahe treten zu wollen. Der Edelmuth der Räuber, selbst der ungarischen, ist nie weit her. Es mag allerdings Ausnahmen geben, wie z. B. der noch lebende Rosa Sandor eine ist, dessen Galanterie, namentlich gegen Damen, nicht genug geschätzt werden kann, und der in Pesth im Jahre 1849 oder 1850 die größte Sensation erregte, als er es wagte, im ungarischen Nationaltheater zu erscheinen. (Daß er nicht augenblicklich festgenommen wurde, mag, nebenbei bemerkt, als Beweis dienen, wie hoch im Ansehen damals Alles stand, was zum Magyarenthum nur die geringste Beziehung hatte; und Rosa Sandor war leider ein geborner Ungar.)

Im Allgemeinen aber stehen diese Leute mit den Bravo’s Italiens auf gleicher Stufe, deren Edelmuth eben so gut eine vorübergehende Laune ist, als die Grausamkeiten, die sie gegen sogenannte „widerspenstige“ Reisende begehen. Noch in neuester Zeit ist eine That von einem Kondás an seinem frühern Herrn verübt worden, die so wenig mit der vielgerühmten Chevalerie dieser Pußtensöhne gemein hat, daß sich Einem beim Anhören der furchtbaren Mordthat die Haare sträuben. Solche Schurken werden von der Regierung allerdings sehr kurz prozessirt, wie alle jene Individuen, die das Land unsicher machen durch Mord und Räubereien. Nach höchstens vierundzwanzig Stunden ist ein solcher eingebrachter Bursche ein todter Mann, denn des Gesetzes Schärfe fand nach der allgemeinen Desarmirung des Landes für nöthig, jeden Verdächtigen, der auf offenem Felde mit Schuß- oder Hiebwaffe ergriffen wurde, festzunehmen und nach geschehener Untersuchung zu erschießen. Und meist waren diese Menschen die verwegensten Räuber und Diebe, in deren Leben der Richter selten einen Hang nach Romantik als etwaigen Milderungs- oder Entlastungsgrund entdecken konnte.

Gattungen dieser Leute nun suchen und finden auch ihr sicheres Asyl meistens in der Haideschenke, bis diese einmal, von den Kugeln der österreichischen Gensd’armen durchlöchert, in sich zusammenfällt. Aber meist ist dann bei der Haussuchung das Nest leer, die Vögel sind ausgeflogen, nur liegt vielleicht eine zertretene Geige am Boden, die dem armen Zigeuner bei der Flucht aus der Hand gerissen wurde. Doch läßt man bei solcher Gelegenheit dem Zigeuner nie Zeit, sein einziges Hab und Gut mit sich fortzunehmen, oft wird er auf’s Pferd gebunden, um ihn ganz sicher zu entführen, denn zurückbleibend, wäre er ein zu gefährlicher Verräther.

Auch die drei Helden der Csárda entfernten sich auf einen schrillen Pfiff, der durch die Stille der Nacht drang, und ließen unsern Reiter allein, der es jedoch für nöthig fand, ihnen bis an sein Pferd hinaus das Geleite zu geben, damit die Herren nicht etwa aus Versehen sein Miethroß mitnähmen. Aber der Zigeuner spielte seinen Csárdas fort, und wenn er zu Ende war, fing er ihn wieder von Neuem an, Anfangs eben so leise klagend, zuletzt ebenso ausgelassen rasend, wie das erste Mal. Dann streckte er sich schüttelnd vor Frost auf ein elendes Lager in der Ecke der Hütte, zog einen härenen Fetzen bis an die Ohren herauf und schlief ein.

In dieser Gesellschaft brachte unser Reiter die Nacht zu, ohne recht einschlafen zu können, denn in dem Hotel schien’s ihm eben nicht recht geheuer. Mit dem ersten Sonnenstrahle bestieg er wieder sein Pferd, trabte noch einige Meilen südöstlich und erreichte endlich Debreczin, wo man für so mäßigen Preis den besten Tokayer trinkt. Die Pußta mit ihrer Schenke ließ er aber weit und gern hinter sich liegen, und gedachte der heimathlichen Berge mit wärmeren Gefühlen als je zuvor.




Bausteine zu einer naturgemäßen Selbstheillehre.
Ueber den Werth der Klystierspritze.

Die Klystierspritze, – eines der unentbehrlichsten und heilsamsten Instrumente, welches in keiner ordentlichen Haushaltung (zumal mit Kindern) fehlen darf und dessen Namen zu lesen und auszusprechen, nur ungebildete Zieraffen sich scheuen, – dient nicht blos zur Einführung von Materien (in flüssiger oder gasförmiger Gestalt) in den untern, dickern Theil des Darmkanales, sondern auch zur Entfernung von solchen Stoffen aus dem Darme. Ersteres geschieht so, daß man die Spritze mit den einzuführenden Stoffen füllt, in die Darmöffnung einbringt und dann durch Druck entleert. Letzteres wird dadurch bezweckt, daß die Spritze leer und geschlossen eingebracht und nun geöffnet (aufgezogen) wird, so daß sie die luftförmigen und flüssigen Stoffe des Darmes (wie ein Blasebalg die Luft) einsaugt. Beides, das Einspritzen und das Aussaugen von Stoffen, kann bei vielen und sehr verschiedenen Krankheitszuständen von der heilsamsten Wirkung sein. Aber nicht blos in den Darmkanal sondern auch in andere Organe können mit Hülfe der Klystierspritze heilsame Stoffe eingeführt werden, so daß dieses Instrument mehr als jedes andere bei krankhaften Zuständen seine Anwendung finden kann. Auch von den Aerzten wird dessen Anwendbarkeit noch nicht so ausgebeutet, als dies geschehen könnte und sollte.

Zum Selbsteinführen von Stoffen mit Hülfe einer Spritze benutzt man theils die gewöhnliche Klystierspritze, an welche entweder ein längeres (gekrümmtes) Metallrohr oder ein biegsamer (Kautschuk-)Schlauch angesetzt ist, theils die neuerlich sehr gebräuchlich gewordenen und zur Selbstapplicirung von Klystieren (Lavements) unstreitig sehr bequemen Clysopompe, von denen es sehr verschiedene Arten giebt, wie drehbare und Pumpwerke von verschiedener Gestalt. Die ersteren (s. Fig. 1) verdienen den Vorzug vor den letzteren. – Die neuesten und bequemsten Apparate, welche nicht blos zu Einspritzungen, sondern auch zu Augen-, Hals- und Nasendouchen angewendet werden können, sind die Irrigateurs (s. Fig. 2), weil diese, wie ein Uhrwerk gestaltet, wenn sie aufgezogen sind und der Hahn geöffnet wird, vermöge ihrer Spiralfeder die Flüssigkeit ganz allein ohne Zuthun der Hände forttreiben. – Der Klystierschlauch (Syphon) leitet aus einem höher stehenden, mit Wasser gefüllten Gefäße die Flüssigkeit mittels eines langen biegsamen Rohres herab, so daß dieselbe durch den Druck ihrer eigenen Schwere (wie bei einer Fontaine) in die Höhe spritzt.

Drehbares Clysopomp.
a. Dreher. b. Spritze.

Das Einführen flüssiger Stoffe in den Dickdarm wird am häufigsten zur Hebung von Verstopfung (s. Gartenl. Jahrg. III. Nr. 1) in Gebrauch gezogen; jedoch lassen sich dadurch auch gewisse Substanzen (Wasser, Arznei- und Nahrungsstoffe) vom Darme aus in das Blut schaffen, sowie ferner dadurch krankhafte Zustände des Darmes und seiner Nachbarorgane beseitigt werden können. – Wird Ausleerung von Excrementen oder Darmgasen durch das Klystier beabsichtigt, theils durch Aufweichen der harten Excremente und Schlüpfrigmachen der Darmwand, theils durch Anregung des Darmes zu kräftigeren wurmförmigen und Entleerungs-Bewegungen, dann braucht das Lavement nur aus warmem, lauem oder kaltem Wasser (10 bis 12 Unzen) zu bestehen, dem, wenn dieses allein nicht wirken sollte, etwas Seife, Salz, Essig, Honig, Zucker, Oel oder dergl. zugesetzt wird. Die kalten Klystiere sind, obschon sie

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_276.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2023)