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Seite:Die Gartenlaube (1855) 186.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

Als ich eine Uebersicht der bisherigen Entdeckungen und Expeditionen Richardson’s, Barth’s, Overweg’s und Vogel’s in Afrika mit diesen Worten in einem andern Journale schloß, dachte ich nicht daran, daß sich jene beiden einsamen Grabhügel so bald um einen dritten vermehren würden, denn der nun ebenfalls verstorbene Hauptheld, Dr. Barth, war eben in Timbuktu, jener fabelhaften Hauptstadt im Innern Afrika’s, wohin noch kein Europäer gedrungen war, angekommen, um seinen Entdeckungen und Forschungen die größte wissenschaftliche Abrundung zu verschaffen. Sie waren schon damals bedeutender als die aller andern vierundzwanzig englischen Forschungsreisenden in Afrika zusammen genommen. Durch ihn und seine drei Freunde war A. Petermann in London in den Stand gesetzt worden, tausende von Geviertmeilen im Innern Afrika’s, bis dahin ganz leere, weiße Stellen auf den Karten, mit Staaten, Städten, Dörfern, Flüssen und Gebirgen in geographischer Genauigkeit und technischer Meisterschaft zu bevölkern. Durch sie war die englische Regierung in den Stand gesetzt worden, eine große Dampfschiff-Expedition auszurüsten und durch Flüsse, die vorher noch Niemand geahnt, nach dem Innern zu richten, wo die Sonne das Palmöl kocht, aus dem London für die halbe Welt Lichter zieht, ohne durch den ausgebliebenen russischen Talg incommodirt zu werden.

Dr. Heinrich Barth.

Adolph Overweg.

Dr. Barth war im Anfange des vorigen Jahres nach einer heldenmüthigen Reise durch unbekannte, hundertmeilige Strecken und feindliche, fanatische Völker in Timbuktu angekommen. Sein Brief von dort, der im März ankam, war ein wissenschaftliches Ereigniß, in alle europäischen Sprachen übersetzt und in allen geographischen Gesellschaften vorgetragen. In diesen Briefen theilte er seinen Entschluß mit, Timbuktu nach siebenmonatlichem, doppelt lebensgefährlichem Aufenthalte wieder zu verlassen. Körperlich und in moralischer Kraft ein Held, kämpfte er fortwährend nicht nur mit dem Klima, sondern auch mit dem muhammedanisch-religiösen Fanatismus der Bewohner, gegen deren religiöse Mordlust ihn nur Briefe von afrikanischen Staatsoberhäuptern und das ausgesprengte Gerücht retteten, daß er Gesandter eines gläubigen Herrschers sei und er selbst Allah für groß und Muhamed für seinen Propheten halte. Bis jetzt ist nichts Näheres über seinen Tod bekannt. Erst Dr. Vogel aus Leipzig, der inzwischen durch die große Wüste im Innern, am Tsadsee angekommen war, wird mit der Zeit bestimmtere Auskunft geben können. Er schickte einen Bevollmächtigten nach Timbuktu, um dessen Papiere und wissenschaftliche Hinterlassenschaft in Anspruch zu nehmen. Erst durch diese und Nachrichten von Ort und Stelle wird es möglich werden, dem kühnen, tapfern, großen Forscher und wissenschaftlichen Eroberer ein würdiges Denkmal zu setzen. Wahrscheinlich ist er im Mai oder Juni 1854 am Klima gestorben, wie sein Freund Overweg, wie sein englischer Freund Richardson, wie ein Reisegefährte Dr. Vogel’s, Mr. Warrington.

Dr. Heinrich Barth war ein Hamburger, geboren am 19. März 1821, starb also in seiner kräftigsten Mannesblüthe, ein Opfer von Heldenthaten und Eroberungen, deren Pfade nicht mit Schlachtfeldern und Leichen, verwüsteten Städten und verbrannten Dörfern bezeichnet wurden, sondern mit dem ersten Aufblühen des Kulturlebens unter umnachteten Völkern, durch die bedeutendsten Revolutionen im Cannabich, im Atlas, in den geographischen Gesellschaften, in Handel und Industrie. Möge eine liebende Schwester, die so sehr seiner Rückkehr entgegen hoffte, einigen Trost darin finden, daß er als ein solcher Eroberer seinem großen Zwecke erlag. Es kommt für solche Verdienste nicht auf die Zahl der Jahre an, obgleich wir fühlen, daß das Herz in solchem Troste keinen genügenden Halt finden kann.[1]

Das Portrait des Verstorbenen, nach einer Photographie, verdanken wir Herrn A. Petermann für den Zweck der Veröffentlichung in diesen Blättern, eben so das Overweg’s.

Adolph Overweg, geboren am 24. Juli 1822, erlag am 27. September 1852 in Maduari bei Kuka am Tsadsee einem Fieber in Folge einer im wissenschaftlichen Eifer unbeachtet gelassenen Erkältung.

Um in gedrängtester Kürze eine Vorstellung von den Verdiensten der beiden Verstorbenen zu geben, machen wir darauf aufmerksam, daß die drei Reisenden zusammen (ohne die neuesten Vogel’s) etwa 500 geographische Meilen mehr, als die ganze Länge Afrika’s beträgt, im Innern durch Wüsten und noch nie von Europäern betretene Strecken in den verschiedensten Richtungen forschend und entdeckend zurücklegten, im Ganzen über 1200 geographische Meilen. Die Hauptergebnisse dieser Reisen sind vorläufig (ohne die befruchtenden Folgen, die sich daraus entwickeln) genauere Kenntniß eines großen Theils von Nordafrika und der vorher noch nie durchwanderten Sahara, Entdeckungen im Lande der Tuariks, vom 15. bis zum 26. Grade nördlicher Breite nomadisch und kriegerisch auf Kameelen die Wüste durchstreifen, und des Königreichs

  1. Herr Petermann hat neuerdings einige Nachrichten erhalten, die den Tod Barths bezweifeln.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_186.jpg&oldid=- (Version vom 3.4.2023)