Verschiedene: Die Gartenlaube (1855) | |
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Das frühere Portrait stellte ihn im Alter von noch nicht funfzig Jahren dar. Ueberhaupt muß man sich Alles, was in England regiert, sehr alt denken. Das Durchschnittsalter aller englischen commandirenden Generale ist 60 Jahre. Seit 1851 stieg Niemand zum Range eines Obersten unter dem Alter von siebzig Jahren. Wellington war schon commandirender General im 33. Jahre. Im Kriege gegen Napoleon gab es blos zwei höhere englische Offiziere in einem Alter von mehr als 40 Jahren. Alle Anderen waren jünger, d. h. in der Blüthe voller Manneskraft. Jetzt ist kein Atom von Männlichkeit unter den regierenden und commandirenden Engländern zu finden, alle sind über 60, viele über 70 Jahre alt. Da Lord Palmerston als Siebenziger nicht mehr den Mut hat, sich an die Jugend zu wenden und sich einbildet, er werde mit einigen unbedeutenden Reformen und der bisherigen Altersweisheit seiner Collegen durchkommen, kommt er nicht durch. Ohne Prophetengabe sehen wir’s daher kommen, daß Palmerston, der das Meiste zum Verfalle Englands und der „Völkerrechte“ beigetragen, der Erste ist, der die ausbrechenden Folgen davon über sein greises Haupt sammeln wird.
Palmerston ist seit seinem 22. Jahre Diplomat gewesen. Im Jahre 1804 wurde er ein Kriegsminister und blieb es beinahe zwanzig Jahre.
Als Wellington Premier-Minister und in Folge davon mit faulen Eiern beworfen ward, entließ er Palmerston, weil sich derselbe einer den Parlamentsreformen günstigen Gesinnung verdächtig gemacht hatte. Der Verdacht erwies sich stets sehr ungegründet. Im Jahre 1829 trat er als Erfinder der Theorie der Intervention in fremde Staats-Angelegenheiten auf und führte sie seitdem über zwanzig Jahre lang als Minister des Auswärtigen auf eine Weise durch, von der bisher weder das Ausland noch England nur eine richtige Ahnung gewann, obgleich durch seine Vermittelung und unter seiner Mitwirkung die wichtigsten Veränderungen in Europa, namentlich gegen das neueste europäische, von Diplomaten 1815 festgesetzte Staaten- und Völkerrecht mit Glück durchgeführt wurden. In Lothar Bucher’s Werke: „Der Parlamentarismus, wie er ist,“ kann man einige betreffende Thatsachen ziemlich pikant zusammengestellt und aufgedeckt finden. Diese Thatsachen werden auch ziemlich Blinde überzeugen, daß Lord Palmerston’s Hauptverdienste in ziemlich vollständiger Zerstörung des sogenannten Parlamentarismus, der sogenannten „Verantwortlichkeit,“ der sogenannten Ehre, des sogenannten Rechtes, der sogenannten Intervention zu Gunsten des Rechtes und Vertrages gegen Diplomatie und Gewalt zu suchen sind. Nun, die Engländer hoffen auf ihn, und er wird sie wahr „machen,“ soweit es ihm die 70 Jahre noch erlauben.
Zur Gesundheitspflege und Erziehungslehre.
Das zweite Kindesalter (das Kindergartenalter) begreift das 5te, 6te und bei vielen in der Entwickelung zurückgebliebenen Kinder auch noch das 7te Lebensjahr in sich. Es zeichnet sich dieses zweite vor dem ersten Kindesalter dadurch aus, daß in ihm Krankheiten und Todesfälle weit geringer an Zahl sind, während die körperliche und geistige Ausbildung ebenso rasch vorwärtsschreitet. Das Kind ist jetzt so ziemlich Herr aller seiner Bewegungen und hat bedeutend an Sprachfertigkeit gewonnen; noch ist aber sein Gehirn im Wachsthum begriffen und verlangt deshalb die größte Schonung. Von Bestrafung, zumal Schlägen, sollte jetzt, wenn nämlich die Erziehung im ersten Kindesalter richtig geleitet wurde, keine Rede mehr sein und nur die Liebe des Kindes zu den Aeltern, sowie sein Gefühl und Verstand sollten jetzt noch als Erziehungsmittel benutzt werden. Während im ersten Kindesalter, wo das Kind noch gar keine Sehnsucht nach andern Kindern fühlt und sich durch Spielen recht gut allein unterhält, das Kind für sich allein erzogen werden kann, sollte im zweiten Kindesalter, zu welcher Zeit das Kind gern mit andern Kindern spielt, die Erziehung des Kindes auch gleichzeitig mit andern, aber freilich gut erzogenen Kindern oder doch unter strenger Aufsicht stattfinden. Es ist darum jetzt die Zeit, das Kind dem Kindergarten (der Spielschule) zu übergeben, zumal da in diesem Lebensalter die Erziehung des Kindes von Seiten der meisten Aeltern sehr unzureichend und mangelhaft ist. Ganz mit Unrecht behauptet man übrigens, der Kindergarten – wo das Kind unter Spielen von einer, Mutterstelle vertretenden Erzieherin, zur Schule vorbereitet werden soll, – entfremde die Kinder dem älterlichen Hause. Dies ist nur bei solchen Kindern der Fall, welche zu Hause eine falsche Erziehung früher genossen haben und zur Zeit noch genießen und denen es überhaupt im älterlichen Hause nicht gefällt. Wohl lernt im Kindergarten aber ein Kind mit Seinesgleichen ordentlich umgehen und sich an Anderen ein Beispiel nehmen, auch kann es vor der Angewöhnung der Zanksucht, des Neides, der Herrschsucht, des Dünkels, der Selbstliebe und des Eigensinns geschützt werden. Außerdem sollen hier auch noch die Sinne des Kindes weiter ausgebildet, sowie kräftigende Turnübungen und Geschicklichkeit erzeugende Beschäftigungen mit demselben vorgenommen werden. Vor allem muß hier aber Heiterkeit herrschen und nicht etwa pedantische Gewöhnung an’s Stillsitzen und an’s Hübschartigsein.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_133.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)