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Seite:Die Gartenlaube (1855) 122.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

Spielzeug nicht entzieht. Die Ordnungsliebe ist schon ganz kleinen Kindern einzuimpfen, indem man jedes Spielzeug desselben an seinen Platz stellen und später das Kind ordentlich aufräumen läßt, sobald es nicht mehr spielt. Ebenso ist der Sinn für Reinlichkeit und Schamhaftigkeit durch zeitige Gewöhnung für alle Zeiten bleibend anzuerziehen. Aufrichtigkeit und Wahrheitsliebe, die nicht zeitig genug entwickelt werden können, erzeugen sich im Kinde am Besten dadurch, daß man selbst gegen dasselbe vollkommen wahr und offen ist, und niemals schlaue Lügen desselben belächelt, wohl aber selbst unschuldige Unwahrheiten bestraft. Am Besten sichert man das Kind vor der Angewöhnung einer Menge von Fehlern, wenn man dasselbe (durch Spiele und Gegenstände) richtig zu beschäftigen versteht. – Zur richtigen Verstandesbildung sind in diesem Lebensalter nur Sinnesübungen anzustellen und zwar am Besten in Form des Spieles. Spielend müssen die Kinder in die Wunder der Schöpfung eintreten, und ganz recht sagt Tilt: „Die ganze geistige Entwickelung der ersten sieben Jahre sollte nur an Spiele und spielende Unterhaltung geknüpft werden; der kindliche Geist muß eine Menge Belehrung über die Natur und Eigenschaften der Dinge sammeln, ehe er zum ersten Male an dem regelmäßigen und systematischen Schulunterricht sich betheiligen kann.“ Man erinnere sich stets daran, daß erst Sinneseindrücke das Gehirn zu seinem (geistigen) Thätigsein erwecken (was aber mit der größten Vorsicht und ganz allmälig geschehen muß, wenn dieses Organ nicht Schaden nehmen soll), und daß das, was wir durch unsere Sinne in uns aufnehmen, innerhalb des Gehirns zu Vorstellungen, Begriffen, Urtheilen und Schlüssen verarbeitet, also zur Verstandesbildung verwendet wird. Selbst das Spielzeug, was natürlich auch der Gesundheit nicht schädlich sein darf (durch seine Farbe und Form), muß hierzu benützt werden und sollte deshalb nicht in Zuvielerlei bestehen, sondern immer nur in einigen wenigen Sachen, die aber das Kind genau kennen lernen sollte. – Zur Entwickelung und Uebung des Willens (ja nicht etwa mit Willkür und Eigensinn zu verwechseln) dienen im Kindesalter theils Bewegungsübungen, die aber sowenig als möglich von Andern zu unterstützen sind, theils Anregungen zum Thun von Etwas, bei dem Unangenehmes oder Hindernisse zu überwinden sind.

Die Krankheiten im ersten Kindesalter bestehen wie die des Säuglingsalters (s. Gartenl., Jahrg. II. Nr. 17) hauptsächlich in entzündlichen Affectionen von Athmungs- oder Verdauungsorganen (Bräune, Keuchhusten, Lungenentzündung, Brechdurchfall, hitzigen Wasserkopf), sowie in fieberhaften Hautkrankheiten (Scharlach, Masern) und auch schon in Blutarmuth mit Schiefwerden in Folge von Muskelschwäche. Die allermeisten dieser Krankheiten kann eine vorsichtige Mutter, wie früher schon gezeigt wurde, verhüten und fast alle bedürfen zu ihrer Heilung nur der Ruhe (im Bette), mäßiger Wärme, guter (reiner, warmer) Luft und milder (flüssiger), nahrhafter Kost (verdünnte Milch). Nur wo sich Verstopfung der Luftwege mit festen oder flüssigen Materien durch große Athembeschwerde, rasselndes Athmen, bläuliche Gesichtsfärbung und Erstickungsanfälle zu erkennen giebt, da sind Brechmittel (durch Kitzeln im Schlunde, Brechwein) ganz unentbehrlich. – Bisweilen, gewöhnlich in Folge des Auffütterns eines Kindes im ersten Lebensjahre (wo doch nur Milch das einzige und naturgemäße Nahrungsmittel ist), kommt es im ersten Kindesalter zur Knochenerweichung (englischen Krankheit, Rhachitis) und diese zieht dann Krummwerden der Beine, sowie Verkrümmungen der Wirbelsäule, des Beckens und Brustkastens nach sich. Die ersten Spuren dieser Krankheit, welche in einem Mißverhältnisse der weichen knorpligen und harten erdigen Substanz des Knochengewebes besteht, zeigen sich immer erst nach dem ersten Lebensjahre durch Bleich- und Schlaffwerden der Haut, Welksein des Fleisches, Trägheit im Laufen und Wiederverlernen desselben, Verdauungsstörungen und mürrisches Wesen. Hierzu gesellen sich sodann Anschwellungen der Knochen an den Gelenken (besonders an den Knöcheln des Fußes und der Hand) und endlich Verkrümmungen, zuerst der Unter- und Oberschenkel, dann der Wirbelsäule, des Beckens und der Brust. Am Kopfe zeigt sich in der Regel der Schädel groß und mit weit offener Fontanelle, der Hinterkopf bisweilen so weich, daß derselbe beim Liegen des Kindes auf dem Rücken eingedrückt werden und durch Druck auf das Gehirn Krämpfe oder Betäubung erzeugen kann. Gegen diesen weichen Hinterkopf (Craniotabes) ist natürlich zunächst Schutz vor Druck auf das Hinterhaupt anzuwenden und deshalb muß das Kind entweder auf der Seite oder mit dem Hinterkopfe hohl liegen. Uebrigens ist im kleinen Patienten, wie überhaupt bei der Knochenerweichung, durch nahrhafte und leicht verdauliche, die gehörige Menge von Fett, Salz und Kalk enthaltende Kost (besonders durch Milch, Ei und Fleischbrühe), durch reine, warme Luft, besonders im Freien oder in heller, trockener Wohnung, durch warme Bäder und Regelung des Stuhlgangs (durch Klystiere) die Ernährung in die gehörige Ordnung zu bringen. Zeigen sich schon die Anfänge von Verkrümmungen, so muß das Kind auf fester Matratze mehr liegen, als sitzen, stehen oder gehen. – Das freiwillige Hinken, eine Erscheinung der Hüftgelenkentzündung, muß zeitig beachtet werden und verlangt sofort die größte Ruhe des Gelenkes (mit Hülfe von Schienen und Einwickelungen). – Von Scropheln sollen die Kinder in diesem Lebensalter sehr häufig befallen werden. Leider weiß die Wissenschaft aber noch gar nicht, was darunter eigentlich zu verstehen ist. Zur Zeit ist die Scrophulose der Popanz, dem so ziemlich Alles in die Schuhe geschoben wird, was Kindern unter vierzehn Jahren ohne augenfälligen und genügenden äußeren Grund, Krankhaftes begegnet. Die Aerzte sind mit dem Worte „scrophulös“ und mit Leberthran dagegen, sofort bei der Hand, wenn ein Kind (besonders mit blonden Haaren, blauen Augen und dicken Lippen), entweder Drüsenanschwellungen, oder einen dicken Bauch, oder einen Kopf- und Gesichtsausschlag, oder Augenliderentzündungen, oder wunde Stellen u. s. w. hat. Alle diese Zustände bedürfen einer naturgemäßen Ernährung (wie bei der Knochenerweichung), aber nur selten der Arzneimittel. – Die sogen. Hirnkrämpfe der Kinder können ebensowohl die begleitenden Erscheinungen ganz ungefährlicher, wie aber auch tödtlicher Krankheiten sein; im ersten Falle verschwinden sie auch ohne ärztliche Behandlung, im letztern Falle (bei tuberculöser Hirnhautentzündung) hat noch nie ein Arzt geholfen (trotz Blutigel an den Kopf und Calomel).

(Bock.) 

(Fortsetzung: „das zweite Kindesalter" in nächster Woche.)




Aus der Mappe eines Malers.
Nr. 2. Eupatoria.

Wie ich Ihnen schon in meinem letzten Briefe meldete, bin ich gleich nach Abgang des Couriers nach Eupatoria aufgebrochen, Ich beeile mich jetzt, Ihnen die Zeichnungen zu senden, welche ich bei diesem Ausfluge gesammelt habe, der nicht wenig Mühseligkeiten darbot, indem es jetzt so kalt wird, daß ich kaum den Bleistift zu halten im Stande bin.

Indeß genirt das wenig. Eupatoria ist dazu berufen, bald eine große Rolle in dem Feldzuge der Krim zu spielen. Leider sehe ich mich verschiedener Umstände halber genöthigt, interessante Mittheilungen darüber bis auf später zu verschieben, doch werde ich Ihnen dieselben, sobald der günstige Augenblick gekommen, zugehen lassen. Von Sebastopol bis Eupatoria ist die Küste und das Land mit russischen Colonnen und Cantonnements bedeckt, und in diesem Augenblicke die Stadt umgeben von einer Menge Kosaken, einigen Regimentern regulärer Cavallerie und ziemlich starker Feldartillerie. Die russischen Schildwachen sind nur zwei Kilometer von der Landseite der Festung entfernt.

Die Gegend, in welcher die Stadt liegt, ist fast ganz eben, nur an der Quarantaineseite durch einige Sandhügel unterbrochen. Eupatoria ist von einer ungeheuern Ausdehnung, und wenn man nach dem Anblick urtheilen wollte, den es von der Rhede aus gewährt, so wäre man versucht, es für weit bedeutender zu halten als es wirklich ist. Alle russischen Gebäude liegen am Meeresufer; die Tartarenstadt befindet sich an der Landseite. Es ist weder ein Quai noch ein Hafen dort, nur ein Landungsplatz, der allen Stürmen offen steht und sich in einem sehr schlechten Zustande befindet, so daß bei der geringsten Brise das Einlaufen der Schiffe fast unmöglich wird.

Die Stadt, die Straßen und die Häuser sind schrecklich schmutzig, überall sieht man Koth und Pfützen. Die Bevölkerung ist ebenso wenig anziehend als die Stadt selbst, und man behauptet nicht mit Unrecht, daß nach Abzug der Russen die Tartaren und Türken fast Alles zerstört haben, was die Ersteren gebaut. Viele Häuser, die für uns hätten sehr nützlich sein können, sind geplündert und theilweis zerstört und des Holzwerks beraubt, unter Anderen auch eine prächtige Infanterie- und Cavalleriecaserne, ungefähr 500 Meter von der Stadt entfernt an der Quarantaineseite gelegen.

Ehe ich auf genauere Einzelheiten über die jetzigen Zustände eingehe, will ich Ihnen einige Auskunft über unsere Stellung geben. Die Stadt ist jetzt, Dank sei es unserer Seeinfanterie und unserm Geniecorps, nicht allein geschützt vor einem Handstreich, sondern sogar genug befestigt, um einem regelmäßigen Angriffe selbst der ganzen russischen Armee widerstehen zu können. Die Ausdehnung der Festungswerke ist sehr groß, aber es wird nicht

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_122.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2023)