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Seite:Die Gartenlaube (1855) 108.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

biegen sich aber bald nach außen und beschreiben mit ihrem obern Theile einen mehr oder weniger kreisförmigen Bogen, wodurch die Blätterbüschel ein sperriges Ansehen bekommmen.

Das Espartogras scheint selten zu blühen, wenigstens habe ich dasselbe nur einige Mal in Blüthe getroffen. Dann bietet es einen ungemein schönen Anblick, denn es belebt die kahlen Landschaften, in denen es zu wachsen pflegt, in eigenthümlicher Weise. Der gegen vier Fuß hoch werdende straff emporstrebende Halm trägt nämlich eine oft über einen Fuß Länge erreichende, ährenförmige Rispe, welche aus einigen hundert großen Blüthen besteht, deren jede mit einer über zwei Zoll langen, in der Mitte knieförmig gebogenen, und in ihrer untern Hälfte von feinen seidenglänzenden Haaren bartförmig bekleideten Granne versehen ist (s. Fig. a.). Jede Blüthe befindet sich in einem aus zwei großen, lang zugespitzten, braungelb gefärbten und glänzenden Spelzen gebildeten Kelche. Die ganze Rispe sieht daher von fern, besonders im Sonnenlichte wie ein aus feinen braungelben Federchen bestehender Federbusch aus. Der Halm ist nicht hohl, wie derjenige unserer Gräser, sondern inwendig mit Mark angefüllt. Er führt nur wenige Blätter, welche ungemein lange, etwas aufgetriebene und bräumlich gefärbte Scheiden, aber einen kurzen Saum besitzen und deshalb zum Flechten nicht benutzt werden können.

Das spanische Espartogras.


Man bedient sich zur Verfertigung der Espartogeflechte vorzüglich der einjährigen Blätter, und pflegt dieselben im Frühlinge einzusammeln, indem man sie aus den Büscheln herausreißt. Dieselben werden sodann entweder an der Luft getrocknet und unmittelbar verarbeitet, oder abwechselnd in’s Wasser und an’s Sonnenlicht gelegt und auf diese Weise gebleicht. Die unmittelbar getrocketen Blätter, welche von hell grünlich-grauer Farbe sind, lassen sich nur zu grobem Flechtwerk benutzen und werden gewöhnlich von den Einsammlern selbst verarbeitet, welche daraus Stricke, grobe Matten, Körbe und Sandalen verfertigen. Mit dergleichen Arbeiten beschäftigen sich namentlich die Hirten, welche, wenigstens in den Espartogegenden, immer selbstgefertigte und daher sehr plumpe Espartosandalen zu tragen pflegen. Durch das Rösten und Bleichen erhalten die Espartoblätter eine viel größere Härte, Zähigkeit und Elasticität und werden dadurch zum Flechten geeigneter. Aus solchen gebleichten Espartoblättern verfertigt man in Spanien alle erdenklichen Arten von grobem und feinem Flechtwerk, als Stricke, Seile, Taue, Körbe, Netze, Matten (esteras, Sandalen, Schuhe, Wedel zum Feueranfachen, Tragsättel und Halftern für Maulthiere und Esel, feine Handbesen [1], Geflechte für Stühle und Bänke, Fenstervorsetzer, Schirme, Peitschen u. s. w. Noch feinere Arbeiten macht man aus Espartofasern, welche durch Klopfen des gebleichten und im Wasser geweichten Esparto mittelst hölzerner Schlägel gewonnen werden. Aus solchen feinen Fasern werden Cigarrenetuis, feine zierliche Körbchen, künstliche Blumen u. dgl. gemacht. Durch verschiedene Färbung der gebleichten Espartoblätter und Espartofasern hat man es möglich gemacht, Muster aller Art aus Esparto zu flechten. Ich habe auf der im Herbst 1850 in Madrid veranstalteten Industrieausstellung Espartomatten mit hineingeflochtenen bunten Arabesken und andern Mustern gesehen, von solcher Vollendung und Schönheit, daß man sie auf den ersten Blick für Teppiche zu halten geneigt war. In Spanien und Portugal – zum Theil schon in Frankreich – vertreten die Espartomatten allgemein die Stelle unserer gewöhnlichen Zimmerteppiche. Sie sind nicht allein viel haltbarer als letztere, sondern auch viel billiger und sehen dabei fast eben so hübsch aus. Auch zum Emballiren der Waarenkisten, Koffer u. s. w. bedient man sich allgemein der biegsamen und dauerhaften Espartomatten. Besonders geschätzt sind die Espartoseile und Espartotaue, weil sie bei fast gleicher Dauerhaftigkeit viel weniger kosten, als die Hanfseile und Hanftaue. Dasselbe gilt von den Espartosandalen, von denen jährlich gewiß viele Miilionen Paare in Spanien gefertigt und consumirt werden. In den holzarmen Gegenden des südöstlichen Spanien, welche die eigentliche Heimath des Espartograses sind, wird der rohe frisch gedörrte Esparto auch als Brennmaterial benutzt. Aus alledem geht zur Genüge hervor, daß das Espartogras eine außerordentlich nützliche Pflanze und für den Spanier

ein unentbehrliches Bedürfniß ist. Es bildet aber zugleich einen

  1. Die gewöhnlichen Handbesen, deren man sich in Spanien auch zum Zimmerfegen bedient, sind nicht aus Esparto, sondern aus den Blättern der in Südspanien ebenfalls in ungeheuerer Menge wildwachsenden Zwergpalme gemacht.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_108.jpg&oldid=- (Version vom 21.2.2023)