Verschiedene: Die Gartenlaube (1855) | |
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der riesigen Farren und Schachtelhalme verwandelt werden. Denn in der Natur geht nichts verloren.
Die Sturm- und Drangperiode unserer Erde ist längst vorüber, aber das vorausblickende Walten, die Sorge für das Wohl der Menschheit hat das Ende noch nicht erreicht. Wie damals schafft die Natur noch heute immer von Neuem Brennstoffe für künftige Menschengeschlechter, wie es uns scheint in einem beschränkten Maßstabe, aber wohl nur, weil der Mensch störend in dies Schaffen eingreift und jetzt nicht ungezählte Jahrtausende zur Reife vergönnt sind. Die Bildungen vor dem Auftreten des Menschen umfassen die Steinkohlen-, als älteres und die Braunkohlenablagerungen als jüngeres Glied, der neueren Zeit gehören die Torfbildungen an. Die Bedingungen zu einer ruhigen Entwickelung der Pflanzenwelt fehlen heute; wo sich ein Sumpf oder ein stehendes Gewässer findet, da erblicken wir nur winzige Pflanzen: Moose, Algen, Riedgräser und Binsen und wenn es hoch kommt, strauchartige Pflanzen, die hier in Ueppigkeit gedeihen. Durch ihr Absterben legen sie den Grund zu einer neuen Vegetation, die sich reichlicher entfaltet als zuvor. Mit dem Tode fallen die Pflanzen der Vermoderung, einer chemischen Thätigkeit anheim; sie unterliegen einer theilweisen Zersetzung. Rühren wir einen Sumpf auf, so sehen wir zahlreiche Gasblasen aufsteigen, die wir deshalb Sumpfluft (Kohlenwasserstoffgas) nennen. Sie rührt her von den vermodernden Pflanzenresten; außerdem entwickelt sich auch noch Kohlensäure und andere übelriechende Luftarten, deren Auftreten die Sümpfe und Moräste für den Menschen gefährlich machen. Findet zu gleicher Zeit auch eine Sauerstoffaufnahme aus der Luft, die so nicht ganz durch das darüber stehende Wasser abgeschlossen wird, statt, so gehen doch alle drei Bestandtheile der Holzfaser fort, aber der Sauerstoff in vorwiegender Menge, so daß sich also der Wasserstoff und Kohlenstoff verhältnißmäßig in dem Torfe anhäufen.
Dadurch müßte nun der Torf ein besseres Brennmaterial werden als das Holz, wenn hier nicht andere Umstände hindernd einträten. Diese sind der große Wassergehalt in dem lufttrockenen Torfe, zwischen einem Viertel und der Hälfte des Gesammtgewichtes und selbst darüber schwankend, und die große Aschenmenge, bis zu einem Drittel – herrührend von erdigen Beimengungen, die sich mit den vermodernden Pflanzenresten vermischt haben. In den ungünstigsten Fällen hat man daher in 100 Pfunden Torf kaum 20 Pfund wirkliches Brennmaterial. Auf der andern Seite giebt es auch Torfarten, die das Holz bei weitem an Werth übertreffen und darunter auch solche, die kaum mehr Asche hinterlassen als Holz. Doch die ungünstigeren Verhältnisse kommen wohl öfters vor als die günstigen; den Wassergehalt kann man wohl durch längeres Lagern bedeutend einschränken, aber damit häuft sich auch die Asche, die besonders lästig wird durch das Verstauben. Nichts desto weniger sind große Länderstrecken auf dieses Brennmaterial angewiesen, da die Torfablagerungen in bedeutenden Ausdehnungen auftreten, so namentlich an den Gestaden der Nord- und Ostsee und es ist wohl keine Frage, daß diese Bildungen durch Uebertreten des Meerwassers auf die flachen Küsten vermittelt worden sind. Fast ein Siebentel des gesammten Flächeninhaltes der irischen Insel wird von Torfmooren gedeckt, während das nahe England Ueberfluß an den besten Steinkohlen hat. Die Wichtigkeit dieser Ablagerungen übersteigt hier weit die Tiefe von 70 Fuß. Die größte Ausdehnung eines Torfmoores finden wir in Nordamerika, – eine Breite von 25 und eine Länge von 40 Meilen.
Wie bei den Kohlen unterscheiden wir auch hier jüngere und ältere Bildungen; in den ersteren finden wir die Pflanzen – die Wurzeln und Stengel – noch, mehr oder weniger selten und daher kommt die Lockerheit und leichte Zerbrechlichkeit, während in den letzteren jede Spur des Ursprungs verschwunden ist und der Torf nichts weiter zu sein scheint, als eine brennbare Erde. Jenen nennen wir Rasentorf, diesen Moortorf und die ältesten Glieder Pechtorf. Je schwerer und dichter der Torf, um so besser muß er sein, – wenn hier nicht das eintritt, dessen wir oben Erwähnung gethan haben, – denn damit steigt so auch das Gewicht der Masse in einem gleichen Raume. Daher sucht man in neuester Zeit die Güte des Torfes durch starkes Pressen zu erhöhen, wobei man noch den Vortheil erlangt, daß eine große Menge Wasser entfernt wird. Wird der Torf durch seine zu große Dichte oder zu großen Aschengehalt nicht daran verhindert, so entzündet er sich eben so leicht wie das Holz.
Bei den Braun- und Steinkohlen ist die Zersetzung weiter vorgeschritten und um so mehr hat sich in ihnen, im Vergleich zum Holze der Kohlenstoff angehäuft, so daß als die Endglieder dieser Bildungen der Anthracit - eine Kohle, die nur sehr geringe Mengen von Sauerstoff und Wasserstoff enthält und die man deshalb natürliche Kohle nennen kann, - und der Graphit, - reine Kohle, austreten. An Uebergangsstufen dieser einzelnen Bildungen fehlt es nicht; mancher Torf ist auf den ersten Blick und von dem Laien nicht von der Braunkohle zu unterscheiden und manche Braunkohle nicht von der Steinkohle. Daß auch die beiden letzteren von Pflanzen herrühren, ist längst außer Zweifel gesetzt; sie selbst liefern in den oft zierlichen Abdrücken der sie begleitenden Gesteine und in oft sehr gut erhaltenen Stämmen die bündigsten Beweise dafür. Wenn man aber in neuerer Zeit selbst so weit gegangen ist, aus diesen Ueberresten die ganzen Pflanzen zu construiren und landschaftliche Bilder für jene Zeiten zu entwerfen, in denen keines Menschen Fuß die Erde betreten hatte, so dürfen wir dies mehr oder weniger eine Spielerei nennen, da die Phantasie einen überwiegenden Theil an dieser Arbeit hat. Die Pflanzen, welche die Braunkohlen bilden, stehen den heutigen Formen näher als die, welche wir in den Steinkohlen finden; außerdem aber sind selbst die Pflanzen in den einzelnen Lagern sehr verschieden.
Die Bildung des Torfes und die Anschwemmungen von Holz, die durch die großen Ströme des amerikanischen Festlandes und Sibiriens noch heute bewerkstelligt werden, geben Anhaltspunkte uns die Entstehung der Braun- und Steinkohlenlager deutlich zu machen. Schwillt das Wasser an, so reißt es zahlreiche Baumstämme mit sich fort; durch den langen Aufenthalt derselben im Wasser dringt dieses in die Poren des Holzes ein und verdrängt daraus die Luft, wodurch der Baumstamm der größern Schwere wegen, die er nun erlangt hat, die Fähigkeit verliert zu schwimmen. Er sinkt unter. Je näher dem Ausflusse, um so schwächer wird die Gewalt des Stromes. Die Stämme schichten sich entweder hier auf oder sie werden von den Meeresströmungen zu ruhigen Stellen, ja selbst bis zu gegenüberliegenden Küsten weiter fort geführt. Unaufhörlich reißt der Fluß größere oder geringere Massen von seinen Ufern los, die gleichfalls zu Boden sinken, wenn die Schnelligkeit des Stromes nachläßt. Sie überlagern die Baumstämme und bewirken, daß die Zersetzung nur langsam fortschreitet, weil sie den Zutritt des Sauerstoffes, der, stets im Wasser ausgelöst enthalten ist, beschränken. Denken wir uns diese Thätigkeit durch Hunderttausende oder Millionen von Jahren fortgesetzt, so ist sie wohl geeignet Ablagerungen hervorzurufen , die in der Ausdehnung vielen der heutigen Steinkohlenlager nichts nachgeben werden.
Daß[WS 1] vornämlich die Steinkohlen ein anderes Aeußere, eine größere Dichte und Festigkeit zeigen als der Torf, rührt von dem weit beträchtlicheren Alter, von der Hitze, die auf die Pflanzen eingewirkt hat und von dem ungeheuern Drucke her, der auf ihnen lastete. Dadurch sind die einzelnen Theilchen mehr zusammengedrängt worden und haben einen größern Halt erlangt; um so mehr, je bedeutender jene Einwirkungen waren. Der Chemiker zeigt uns, daß die Zusammensetzung der Braun- und Steinkohlen mit der des Holzes große Aehnlichkeit hat; durch einfache Formeln, durch Zahlen also, kann er sehr leicht die Bildung jener aus diesem übersichtlich vor Augen führen. Die Bestandtheile der fossilen Kohlen sind größeren Schwankungen unterworfen als die des Holzes; selbst in ein und derselben Grube ist die Zusammensetzung nicht immer gleich, und die Gründe dafür sind leicht zu finden: in der Verschiedenheit der Pflanzen, aus denen die Kohle entstanden und der erdigen Beimengungen. In Bezug auf die letztere und den großen Wassergehalt spricht sich auch die Verwandtschaft, die Aehnlichkeit der Braunkohlen und des Torfes entschieden aus. Bei der Untersuchung von zehn verschiedene Braunkohlen aus der Provinz Sachsen und Brandenburg stieg der Wassergehalt bis auf 51 p.C, und zwar in Kohlen, die schon lange Zeit an der Luft gelegen hatten. Die Asche betrug hier bei den wasserfreien Kohlen bei zweien unter 5 p.C., bei zwei anderen unter 10 p.C., bei den übrigen über 10 p.C. und bei zweien sogar über 20 bis 261/2 p.C. Bei anderen Kohlen ist der Aschengehalt noch viel bedeutender, bis zu 50 p.C. Durch diese beiden Umstände wird der Werth der Braunkohlen natürlich bedeutend verringert, aber dennoch übersteigt die Hitze, wegen der größern Anhäufung des Kohlenstoffes, die des Holzes.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Das
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_025.jpg&oldid=- (Version vom 9.1.2023)