Verschiedene: Die Gartenlaube (1855) | |
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ein, in welchem der Dichter seine geliebte Lisette und die lustigen Freunde beim Wein erwartet und die Glücksgöttin, welche unten an die Thüre pocht, ihres Weges gehen heißt.
Eine alte Frau, Freundin und Vertraute des Sängers, ordnet auf's Beste den schlichten Haushalt, ein Stück seiner Natur muß wohl durch langen Verkehr auf sie übergegangen sein, denn sie ist wie er heiter und milde, von derselben ungekünstelten Gutmüthigkeit. Man wird von den Beiden mit Herzlichkeit empfangen und behandelt. Da ist Alles ächt und nichts Förmlichkeit. Wie im Liede so im Leben hat Beranger die Glücksgöttin von sich geschickt. Gewinn und Auszeichnung, nach denen Tausende vergeblich rennen und ringen, hat er mit der Ueberlegenheit eines Weisen, mit der Entschiedenheit eines großen Mannes von sich gewiesen. Im Jahre 1830, nachdem man zu Paris die ältere Linie der Bourbons vom Throne gestoßen, jubelte man überall in Frankreich und da das französische Volk, sinnlich, wie es ist, immer den Vertreter einer siegreichen Idee braucht und sucht, um sich an ihm seiner überschwenglichen Begeisterung zu entledigen, fiel dieses Mal die Wahl auf den populären Sänger, dessen Lieder nicht abgelassen, gegen die Restauration und ihre Träger durch bittern Hohn zu kämpfen und das gestürzte Kaiserreich zu verherrlichen. In allen Theatern wurde seine Büste gekrönt. Paris machte den Anfang, die Provinzen folgten. Wie begreiflich, waren nun für Beranger die Stufen zu jeder beliebigen Stelle gebaut. Seine Freunde, und unter diesen besonders der Banquier Jacques Lafitte, den die Umwälzung zum Finanzminister emporgetragen, drangen in ihn, irgend ein einträgliches Amt anzunehmen.
Nein, meine Freunde, nein. ich will nichts werden,
Gebt Andern Würden, Titel, Sterne,
Der Herr hat mich für Höfe nicht gemacht!
So sprach er, so that er.
Im Jahre 1818 gab ihm das Volk selbst eine Anstellung.
Ohne daß er sich um die Gunst bewarb, wurde er in die constituirende Kammer gewählt. Ein einziges Mal, nur um seine Wähler nicht zu beleidigen, verfügte er sich in das Palais Bourbons, wo die Volksvertreter tagten, dann gab er seine Entlassung. „Was soll ich dort," sagte er, „Redner giebt's nur zu viel und Lieder singen kann ich besser zu Hause."
Von vielen Mitgliedern der französischen Akademie aufgefordert, um die Aufnahme in diese Anstalt, dem Ziele jedes künstlerischen und gelehrten Strebens, zu werben, weil den Statuten gemäß die Ernennung nicht anders erfolgen kann, wies er die Zumuthung zurück. „Ich gehöre nicht in die Gemeinschaft dieser Herren," gab er stets zur Antwort.
Mit derselben Uneigennützigkeit verfuhr der Dichter bei Veräußerung seiner Werke, die ihm bei ihrer ungeheuern Verbreitung Reichtümer einbringen mußten, wenn er nach Gebühr seinen Vortheil gesucht hätte; statt dessen überließ er sie dem Herrn Perrotin gegen die unglaublich mäßige lebenslängliche Rente von 800 Frcs. (214 Thaler) jährlich. So daß Beranger nun der freiwilligen Erkenntlichkeit des Verlegers eine reichere Ausbeute seines Talentes verdankte.
„Es sind zwölf Jahre, mein lieber Perrotin," schreibt der Dichter an diesen würdigen Verleger, „daß ich Ihnen all' meine Lieder, welche ich gemacht und noch machen werde, gegen die lebenslängliche Rente von 800 Franken überließ. Da das Wohlwollen des Publikums sich nur fortwährend erhält, haben Sie aus freiem Antrieb und zu wiederholten Malen diese Rente vermehrt, die bei ihrer ursprünglichen Ziffer zu belassen Ihnen meine Unterschrift das Recht gab. Noch mehr, Sie haben nicht aufgehört, mich mit
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_021.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)