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Seite:Die Gartenlaube (1854) 324.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Domenico Fontana.
Von Gustav Heubner,
illustrirt von G. Kühn.
I.

Die Straßen Roms durchschreitet im hellen Mondenschein,
Den Kennerblick gerichtet auf der Paläste Reih’n,
Domenico Fontana, der junge Architekt,
Als ihn aus seinen Träumen ein Hülferuf erweckt.

In’s dunkle Gäßchen eilend, woher der Angstschrei schallt,
Sieht er ein holdes Mädchen in eines Mann’s Gewalt;
Der faßt mit frechem Arme sie um den zarten Leib,
Bestürmt mit Buhlerworten das angsterfüllte Weib.

„Zurück von dieser Jungfrau!“ – Der Meister ruft’s empört,
Zieht rasch zum Schirm der Unschuld in edlem Zorn das Schwert,
Und zeichnet blut’ge Lehre dem Buben in’s Gesicht;
Mit Flüchen und mit Heulen entflieht der feige Wicht.

Die Jungfrau schmiegt sich zitternd an ihren Retter an;
Der leitet sanft und sittsam den Hügel sie hinan,
Wo im bescheidnen Häuschen, vom Rebenlaub umrankt,
Ob ihres langen Weilens die treue Mutter bangt.

Geborgen in des Hauses gemüthlich stillem Raum,
Haucht bebend ihre Lippe ein Wort des Dankes kaum;
Doch von dem Blick, der ihrem tiefdunklen Aug’ entsprüht,
Fühlt sich der junge Meister im Innersten durchglüht.

Gar freundlich lädt die Mutter ihn ein zu kurzer Rast,
Und mühet sich geschäftig um den geehrten Gast,
Und bringt aus Küch’ und Keller, was nur vermag das Haus,
Und würzt mit lieber Rede den schnell beschafften Schmaus.

Der Meister muß erzählen, wie Alles sich begab,
Und nimmer läßt die Mutter mit Dankesworten ab.
Maria ruft mit Schaudern den Auftritt sich zurück,
Und senkt vor Schaam erglühend, auf’s Mieder ihren Blick.

Domenico verwendet das Auge nicht von ihr;
Er fühlet sich so heimisch im trauten Kreise hier;
Ihm ist’s, als ob er nimmer von dannen könnte gehn;
Er möcht’ an ihrer Seile sich immer sitzen sehn.

Mit einmal ruft Maria, und wird vor Schrecken bleich:
„O lieber Herr, wie dank’ ich Euch Eures Schwertes Streich! –
„Doch – wenn er Euch erkannte – wenn Jemand Euch erblickt –
„Ich zittre, Herr! – Ihr wäret verfallen dem Edict!“

Draus spricht Fontana lächelnd: „Sei ruhig, holdes Kind!
Ich weiß, wie streng und blutig des Papstes Sprüche sind;
Doch Räubern nur und Mördern, von denen Unheil droht,
Und nicht der Unschuld Hütern verheißen sie den Tod!“ –

Kaum war das Wort gesprochen, da klopft’ es an die Thür:
„Im Namen des Gesetzes! – Einlaß begehren wir!“ –
Die Schaar der Sbirren drängt sich in’s friedliche Gemach,
Und ruft: „Ergreift den Frevler, der frech den Frieden brach!“ –

„Was that ich?“ – fragt Fontana mit würdevollem Ton. –
„Du sprachest dem Gesetze des Papstes Sixtus Hohn!
Wer in der Hauptstadt Straßen die blanke Waffe zückt,
Den trifft die Todesstrafe, – so lautet das Edict!“ –

„Die Unschuld zu beschützen vor frechem Uebermuth,
Dazu zog ich den Degen, darum vergaß ich Blut!
Ich meine, daß wohl nimmer der Papst bestrafen kann,
Was jeder Mann von Ehre an meiner Statt gethan!“ –

Doch ohne Rührung höret die Häscherschaar sein Wort,
Der Frauen jammernd Flehen, – und schleppt den Meister fort;
Der grüßt die holde Jungfrau mit stummberedtem Blick,
Und geht dann stolz entgegen dem finsteren Geschick.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_324.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)