verschiedene: Die Gartenlaube (1854) | |
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und da nichts Spanisches vorkam, so entließ er seine Leute. Ich bemerkt’ aber wohl, daß er ihnen erst noch viele geheime Aufträge gab. Liebster Herr Magister, gratuliren wir dem Dr. Schmidt, daß er bei Zeiten Wind bekommen und sich entfernt hat!“
„Nun ja – allein, was hätte man ihm denn viel anhaben können?“
„Lieber Himmel, was man ihn hätte anhaben können? Herr Magister, unsre Besatzung hier hat jetzt einen französischen Commandanten, weil der Kaiser Napoleon unser Protektor ist, wie man ihn nennt. Drei Stunden von hier ist ein großes französisches Kriegsdepôt. Der Beamte, der Sie befragte, gehört eigentlich gar nicht hierher, sondern ist nur auf Verfügung der französischen Regierung, gewissermaßen als ihr Commissär, hier angestellt, obwohl er nominell zu den ordentlichen städtischen Beamten gehört. Sie fragen noch, was man ihm hätte anhaben können? Jedes Kind, nehmen Sie mir nicht übel, jedes Kind kann Ihnen das sagen, Herr Magister! Man hätte ihn wahrscheinlich nicht lange im Gefängniß gelassen; man hätt’ ihn aber hübsch sicher mit Ketten geschlossen und so an’s nächste französische Kriegsgericht abgeliefert. Dort aber – Sie wissen doch, wie’s dem Buchhändler Palm gegangen ist?“
„Freilich, freilich! – Ich denke, Sie haben Recht – Dr. Schmidt hat den rechten Zeitpunkt wahrgenommen, um weiter zu reisen.“
„Und, im Vertrauen. Herr Magister.“ fuhr der Wirth fort, „das sollten auch Sie thun!“
„Auch ich?“
„Gewiß! Habe mich schon gewundert, daß man nicht mehr Umstände mit Ihnen machte, aber das ist sicherlich nur eine Falle. Man hält Dr. Schmidt vermuthlich für einen Emissär der antifranzösischen oder preußischen Partei und Sie für seinen Gehülfen. Man glaubt, jener sei vielleicht noch in der Stadt verborgen. Daher wird man all’ Ihre Schritte beobachten, und am Ende – könnten Sie leicht ein ähnlichen Schicksal haben. Denken Sie an Palm, und der hatte weit weniger gethan!“
„Der Teufel! Ein deutscher Magister vor einem französischen Kriegsgericht? das ist kein wohlthuender Gedanke. Wie soll deutsche Magisterlogik gegen jene metallene ultima ratio aufkommen?“ sagte Herr Magister Müller, welchem bei Alledem nicht ganz wohl zu Muthe ward.
„Wenn Sie meinen Rath nicht verachten,“ bemerkte der Wirth, „so entfernen Sie sich noch diesen Abend, noch diese halbe Stunde, und das gleich von hier, ohne erst in’s silberne Lamm zurückzugehen.“
„Ganz recht. Gepäck hab’ ich nicht dort – es geht sehr leicht. Sie werden so gut sein, meine kleine Rechnung im Lamm zu berichtigen.“
„Bewahre der Himmel! Das könnte mich in den Verdacht bringen, Ihr Entweichen befördert zu haben. Sie können ja das Geld aus der Ferne schicken. Es geht jetzt gleich ein Wagen ab, welcher einer alten Dame gehört, die heute hier abgestiegen ist. Ich will mit ihr sprechen. Vielleicht giebt Sie Ihnen einen Platz im Wagen. Inzwischen bleiben Sie ganz ruhig hier.“
Die alte Dame war zum Glück barmherziger Gesinnung, und ein halbes Stündchen später gelang es dem mit Recht etwas eingeschüchterten „Magister Müller“, in Gesellschaft jener Fremden aus dem goldnen Wolf abzufahren. Er ward erst ruhiger, als er die Stadt einige Meilen hinter sich hatte. Bald nachher erhielt er verschiedene Beweise, daß er wirklich nur wie durch ein Wunder Palm’s Schicksal entgangen war.
Noch in späterer Zeit, wo er auf verschiedenen Bühnen als einer der beliebtesten deutschen Komiker glänzte, und außerdem durch zahlreiche heitere Skizzen seiner Feder auf mancher verstimmten Stirn die Furchen glätten half, erregte der Name Spanien gewöhnlich ein Gefühl leisen Mißbehagens in Herrn Schmidt, während er in dankbarer Erinnerung stets das Spanferkel in Ehren hielt, welchem er, genau genommen, doch allein seine Rettung aus ungeahnter, schwerster Gefahr verdankte.
Dampf-Grabe-Maschine
Wenn irgend eine neue Erfindung in dem jetzt so wichtigen Maschinenwesen gemacht worden ist, welche zu der Hoffnung berechtigen kann, daß ihre Anwendung von unberechenbarem Einfluß auf das Leben der Menschen werden müßte, so ist gewiß die obengenannte eine solche, da durch sie in der That ein Problem gelöst ist, das bisher den vielfach angestellten Versuchen nicht gelungen war zu realisiren. Die Dampfgrabe-Maschine ist bestimmt die Bestellung des Feldbodens an Stelle des Pfluges und mit Anwendung des Dampfes anstatt mit thierischen Kräften zu übernehmen, und zwar in einer Weise, daß die von ihr gelieferte Arbeit nicht nur weniger kostspielig werde als die bisher allgemein angewandte Pflugbestellung, sondern auch so beschaffen sei, daß ein erhöhter Ertrag der mit ihr bestellten Felder erzielt werde.
Wer mit Aufmerksamkeit dem in neuerer Zeit so rege gewordenen Streben nach Verbesserung in der Landwirthschaft gefolgt ist, wird erfahren haben, wie sehr vor nicht zu langer Zeit unsere deutschen Feldbauer, an dem Althergebrachten hängend, noch zurück waren gegen die anderer Länder. Allein die Nothwendigkeit ist auch in diesem Bereiche der menschlichen Thätigkeit zur strengen Lehrerin geworden, und wir finden jetzt überall fast dies Streben durch vernünftige Benutzung der Mittel, welche die Naturwissenschaften an die Hand geben, den Ertrag des Bodens zu erhöhen und ihn dem immer wachsenden Verbrauche entsprechender zu machen.
Eines der erfolgreichsten Mittel die Ertragsfähigkeit des Bodens zu erhöhen, ist nun eine vollkommnere Ackerung desselben, als sie bisher mit dem gewöhnlichen Pfluge hergestellt wurde. Es kommt nämlich bei Bestellung des Feldes vor Allem darauf an, die von der darauf gewachsenen Frucht ausgebeutete Oberfläche zu beseitigen und eine neue noch kräftige dafür zu erzielen. Dazu dient eines Theils das Umackern des Feldes, welches die oberen Schichten nach unten, und die unteren Schichten der Ackerkrume nach oben zu bringen hat, den Boden lockert und so dem nöthigen Zutritt der Luft und dem Wasser öffnet. Andererseits dient dazu die Düngung. Es kann hier nur die Rede von der ersteren Art sein, zu deren Vervollkommnung die Dampfgrabe-Maschine dienen soll. Die tiefere Auflockerung des Feldbodens, als sie gewöhnlich mit dem Pflug hergestellt werden kann, hat sich für so entschieden vortheilhaft herausgestellt und für den nutzbaren Bau verschiedener Feldfrüchte so unbedingt nothwendig, daß man den Pflug als unzureichend verlassen, zum Spaten greifen und mit demselben das Feld umgraben mußte. So entstand die sogenannte Spatencultur, deren Kostspieligkeit indessen von dem erhöhten Ertrage ausgeglichen wird. Diese so wichtige Art der Bodenbehandlung in erhöhtem Maaße einzuführen und somit die Nutzbarkeit und Ergiebigkeit des Bodens zu erhöhen, ist die Aufgabe der Bauer’schen Dampfgrabe-Maschine. Wie aus dem oben Gesagten schon hervorgeht, ist die von dieser Maschine bewirkte Bearbeitung des Bodens eine vollständige Umspatung desselben und zwar eine so vollkommene, daß das Erdreich bis zu einer Tiefe von 10 Zoll aufgegraben wird und dabei eine vollständige Umwendung der Ackerkrume stattfindet. Besonders auch diese Eigenschaft der Maschine ist hervorzuheben, da durch sie mit einem einmaligen Umgraben das erreicht wird, was mit dem Pfluge erst nach drei- bis fünfmaligem Ueberpflügen zu ermöglichen ist, abgesehen von der geringeren Tiefe des Eindringens des Pfluges.
Wir geben beifolgend eine Abbildung der Dampfgrabe-Maschine in ihrer gegenwärtigen Form und Ausführung, bemerken aber zugleich, daß der Erfinder zur weiteren Vervollkommnung derselben schreiten wird bei dem Baue künftiger Maschinen, die indessen nur einen sichereren Gang bezwecken sollen und das Princip der Maschine ungeändert lassen werden. Die Maschine besteht in
verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_094.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)