wol vor den Thurm gegangen:
„Ach Sohne, liebster Sohne mein,
wie hart liegst du gefangen!“
so hart lieg ich gefangen,
wol vierzig Klafter tief unter der Erd
bei Ottern und bei Schlangen.‘‘‘
sprach: „Gebt mir los den Gfangnen!
dreihundert Gulden die will ich euch gebn
wol für des Knaben sein Leben.“
der Knabe der muß sterben:
er trägt von Gold eine Kett am Hals,
die bringt ihn um sein Leben.““
die hat er nicht gestohlen,
hats ihm ein zart Jungfräulein verehrt,
dabei sie ihn erzogen.“
gab ihm die Sacramente:
‚‚‚Hilf, reicher Christ vom Himmel hoch!
es geht mir an mein Ende.‘‘‘
die Leiter mußt er steigen:
‚‚‚Ach Meister, lieber Meister mein,
laß mir eine kleine Weile!‘‘‘
du möchtst mir sonst entrinnen;
langt mir ein seiden Tüchlein her,
daß ich ihm seine Augen verbinde!““
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_013.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)