Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern | |
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Ritter Roland war der beste Held,
Frau Alda’s Mannen die flohen durch’s Feld.
„Ritter Roland, wird dir krank und weh?
Ritter Roland, traf dein Haupt ein Pfeil?
Oder deine Brust ein geschwungen Beil?“
„Mich traf keine Waffe zu dieser Stund,
Was mich getroffen, das rathet Ihr nicht.
Es kam durch die Luft, wie Sonnenlicht;
Schoß unter zwei schönen Bogen hervor,
Drang aus einem himmelblauen Thor;
So ist mein Arzt ein Weibermund.“
Sie riethen es nicht, die Schlacht war aus,
Herr Roland zog still und krank nach Haus.
„Ich freilich rath’ es wohl!“ so sprach zu sich
Denn von des Schlosses Zinnen
Sah in das Thal Ludmille just herab,
So goldig schön in Abends hellen Lichtern,
Daß sie fast schöner war, als jüngst im Wald.
Dann sprengt er frisch sein Roß an,
Und denkt: „Herr Roland ritt wohl krank nach Haus,
Der Freiherr von der Reck thut, was sein Amt ist.“ –
Hell freudig trabt er durch die Schaaren hin,
Verheißt auf Morgen Sturm,
Und alle Mannen jubeln muthig auf,
Schild klirrt an Schild, weithin ertönt
Der Waffen lust’ger Gruß das Thal entklang.
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_220.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)