nicht nachgelassen mit Klopfen, nun glaubte der Burgermeister,
daß sie wirklich da wäre; mit Freuden wurde
ihr aufgethan und sie wieder völlig zum Leben gebracht.
Den andern Tag schauten die Pferde noch aus
dem Bodenloch und man mußte ein großes Gerüste
anlegen, um sie wieder lebendig und heil herabzubringen.
Zum Andenken der Geschichte hat man Pferde ausgestopft,
die aus diesem Haus zum Boden herausgucken.
Auch ist sie in der Apostelkirche abgemahlt,
wo man überdem einen langen leinenen Vorhang zeigt,
den Frau Richmuth nachher mit eigner Hand gesponnen
und dahin verehrt hat. Denn sie lebte noch sieben Jahre.
Zusammenkunft der Todten.
Mündlich, aus Hessen. |
Eine Königin war gestorben und lag in einem
schwarz ausgehängten Trauersaal auf dem Prachtbette.
Nachts wurde der Saal mit Wachskerzen hell erleuchtet
und in einem Vorzimmer befand sich die Wache:
ein Hauptmann mit neun und vierzig Mann. Gegen
Mitternacht hört dieser, wie ein sechsspänniger Wagen
rasch vor das Schloß fährt, geht hinab und eine in
Trauer gekleidete Frau, von edlem und vornehmem
Anstande, kommt ihm entgegen und bittet um die Erlaubniß,
eine kurze Zeit bei der Todten verweilen zu
dürfen. Er stellt ihr vor, daß er nicht die Macht
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 441. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_477.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)