aus, indem er versprach, gegen ein gewisses Geld die
Stadt von allen Mäusen und Ratten zu befreien. Die
Bürger wurden mit ihm einig und versicherten ihm
einen bestimmten Lohn. Der Rattenfänger zog demnach
ein Pfeifchen heraus und pfiff, da kamen alsobald
die Ratten und Mäuse aus allen Häusern hervorgekrochen
und sammelten sich um ihn herum. Als er
nun meinte, es wäre keine zurück, ging er hinaus und
der ganze Haufe folgte ihm, und so führte er sie an
die Weser; dort schürzte er seine Kleider und trat in
das Wassers, worauf ihm alle die Thiere folgten und
hineinstürzend ertranken.
Nachdem die Bürger aber von ihrer Plage befreit waren, reute sie der versprochene Lohn und sie verweigerten ihn dem Manne unter allerlei Ausflüchten, so daß er zornig und erbittert wegging. Am 26sten Juni auf Johannis und Pauli Tag, Morgens früh sieben Uhr, nach andern zu Mittag, erschien er wieder, jetzt in Gestalt eines Jägers erschrecklichen Angesichts mit einem rothen, wunderlichen Hut und ließ seine Pfeife in den Gassen hören. Alsbald kamen diesmal nicht Ratten und Mäuse, sondern Kinder, Knaben und Mägdlein vom vierten Jahr an, in großer Anzahl gelaufen, worunter auch die schon erwachsene Tochter des Burgermeisters war. Der ganze Schwarm folgte ihm nach und er führte sie hinaus in einen Berg, wo er mit ihnen verschwand. Dies hatte ein Kinder-Mädchen gesehen, welches mit einem Kind auf dem Arm von fern nachgezogen war, darnach umkehrte und
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_367.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)