Der Teufel führt die Braut fort.
Godelmann von Zauberern, Hexen und Unholden übers. von Nigrin. 1592. S. 9. lat. Ausg. de magis &c. Francos. 1591. p. 12-13. |
In Sachsen hatte eine reiche Jungfrau einem
schönen, aber armen Jüngling die Ehe verheißen. Dieser,
weil er sahe, was kommen würde, da sie reich
und nach ihrer Art wankelmütig war, sprach zu ihr,
sie werde ihm nicht Glauben halten. Sie fing an sich
zu verschwören mit diesen Worten: „wann ich einen
andern denn dich nehme, so hole mich der Teufel auf
der Hochzeit!“ Was geschieht? Nach geringer Zeit
wird sie anderes Sinnes und verspricht sich einem andern
mit Verachtung des ersten Bräutigams, welcher
sie ein- oder etliche Mal der Verheißung und des großen
Schwurs erinnerte. Aber sie schlug alles in den Wind,
verließ den ersten und hielt Hochzeit mit dem andern.
Am hochzeitlichen Tage, als die Verwandten, Freunde und Gäste fröhlich waren, ward die Braut, da ihr das Gewissen aufwachte, trauriger, als sie sonst zu seyn pflegte. Endlich kommen zwei Edelleute in das Brauthaus geritten, werden als fremde, geladene Gäste empfangen und zu Tisch geführt. Nach Essens Zeit wird dem einen von Ehren wegen, als einem Fremden, der Vorreigen mit der Braut gebracht, mit
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_321.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)