Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. | |
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* [1531] Er hett ain pfarrer zu Zimbern, der wolt ains mals die barmherzigkait, milte und große gnad des allmechtigen Gottes den baurn nur gar verstendtlich und wol herfür streichen und sprach, er wer so süeß und so gütig
und milt, als ain geschwaizter zübel[1]. Es war ain seltzamer pfaff und der an keinem ort bleiben konte, ein rechter landtfarer. Als er darvor under der Schramberger herschaft zu Sulgaw pfarrer war, kunt er auch nit do pleiben, wust nit, was er clagen oder zu einem fürwort nemen sollte, dann
er revera kain mangel het. Darum bei nacht do stig er bei regenwetter ufs dach[2] und zerbrach das dach uf dem pfarhof, das es allenthalben ins haus regnete. Solchs nam er ime für ain ursach, stallt hinweg und gab die pfarr widerum uf. Das mußt man beschehen lassen und inne lassen
hinhawen. Wie er ainsmals sollte in bemeltem schloß uf aim bannen feirtag mess halten, hett er kein fürsehung gethon, ob auch ostien vorhanden oder nit. Derhalben, als er in der mess biß zum offertorio fürgeschritten, sucht er den Hergott, den
kont er auch nit finden, dann es war kein hostia im ganzen haus. Wie nun derhalben ein große confus entstande, sprücht der alt Hainrich Zopp, ambtman im flecken Herrenzimbern, der ohne geferdt auch bei der mess war: »Gont in mein haus hinauf, do werden ir ain Hergot oder etlich
uf der thür in meiner stuben finden!« damit maint er hostias oder oblaten. Es gieng ain diener eilends hinauf in flecken und sucht. Da findt er etlich hostien, die waren mertails von meusen zernagen und gefressen. Was er nun fande, das name er mit im ins schloß. Hiezwischen mueßt
der pfaff ob altar bleiben, auch menigclich warten. Also konte man blößig under denen hostien allen ain taugenliche hostiam finden. Dieselbig war gleichwol auch von den meusen zernagen; aber man holt ein alte, große schafscheren, damit beschnitt man die hostiam, [614] und war fürwar für
ain solchen ruchlosen, unchristenlichen pfaffen ain gueter Hergott, der ohne zweifel für würdiger gewesen, ein rubschnitz, dann ain solliche hochwürdige und gaistliche seelenspeis, zu niesen. Aber es ward im von seinem herren, herr Wilhalmen Wernhern, ußer gnaden übersehen und
nachgelassen.
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 604. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_604.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)