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Seite:De Zerstreute Blätter II (Herder) 137.jpg

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giebt eine dergleichen fein-fortgeführte und schöne aufgelöste Täuschung treffende Epigramme, ja manche derselben werden beim ersten Lesen unvergeßlich.


Die letzte Gattung des Sinngedichts endlich mag die rasche oder flüchtige heißen. Unerwartet treffen zwei Gedanken zusammen und lösen einander auf; zwo Materien brausen in einander und es sprühet ein Funke. Diese Gattung liebt Kürze und einen leichten Vortrag; hier Frag’ und Antwort, dort einen Spott und lachenden Ausruf. Auch die Griechen haben schöne Stücke dieser Art, die Neuern noch mehr und unter unserm Epigrammatisten sind, dünkt mich, Leßing und Kästner in dieser wie in der vorigen Art, Meister. Hier ist der Ausgang des Epigramms eigentliche Spitze oder Pointe; welchen Namen die Franzosen, deren Sprache und gesellschaftlichen Witz diese Gattung vorzüglich liebet, meistens auch für sie erfanden, da sie die vorhergehenden Arten lieber in ein Lied,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_137.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)