und ist das nächste Mal, obwohl sie die Behandlung nicht verweigert, doch ganz unbrauchbar zur Arbeit. Nachdem ich das Hindernis erfahren und behoben habe, geht die Arbeit weiter und siehe da, der Wunsch, der die Kranke so erschreckt, erscheint als die nächste, als die jetzt vom logischen Zusammenhang geforderte, der pathogenen Erinnerungen. Es war also so zugegangen: Es war zuerst der Inhalt des Wunsches im Bewusstsein der Kranken aufgetreten, ohne die Erinnerungen an die Nebenumstände, die diesen Wunsch in die Vergangenheit verlegen konnten; der nun vorhandene Wunsch wurde durch den im Bewusstsein herrschenden Associationszwang mit meiner Person verknüpft, welche ja die Kranke beschäftigen darf, und bei dieser Mesalliance – die ich falsche Verknüpfung heisse – wacht derselbe Affect auf, der seinerzeit die Kranke zur Verweisung dieses unerlaubten Wunsches gedrängt hat. Nun ich das einmal erfahren habe, kann ich von jeder ähnlichen Inanspruchnahme meiner Person voraussetzen, es sei wieder eine Uebertragung und falsche Verknüpfung vorgefallen. Die Kranke fällt merkwürdiger Weise der Täuschung jedes neue Mal zum Opfer.
Man kann keine Analyse zu Ende führen, wenn man dem Widerstande, der sich aus diesen drei Vorfällen ergibt, nicht zu begegnen weiss. Man findet aber auch hierzu den Weg, wenn man sich vorsetzt, dieses nach altem Muster neu producirte Symptom so zu behandeln wie die alten. Man hat zunächst die Aufgabe, das „Hinderniss“ der Kranken bewusst zu machen. Bei einer meiner Kranken z. B., bei der plötzlich die Druckprocedur versagte und ich Grund hatte, eine unbewusste Idee wie die unter 2. erwähnte anzunehmen, traf ich es das erste Mal durch Ueberrumpelung. Ich sagte ihr, es müsse sich ein Hinderniss gegen die Fortsetzung der Behandlung ergeben haben, die Druckprocedur habe aber wenigstens die Macht, ihr dieses Hinderniss zu zeigen, und drückte auf ihren Kopf. Sie sagte erstaunt: Ich sehe Sie auf dem Sessel hier sitzend, das ist doch ein Unsinn; was soll das bedeuten? – Ich konnte sie nun aufklären.
Bei einer anderen pflegte sich das „Hinderniss“ nicht direct auf Druck zu zeigen, aber ich konnte es jedesmal nachweisen, wenn ich die Patientin auf den Moment zurückführte, in dem es entstanden war. Diesen Moment wiederzubringen, weigerte uns die Druckprocedur nie. Mit dem Auffinden und Nachweisen des Hindernisses war die erste Schwierigkeit hinweggeräumt, eine grössere blieb noch bestehen. Sie bestand darin, die Kranken zum Mittheilen zu bewegen, wo anscheinend persönliche Beziehungen in Betracht kamen, wo die dritte
Sigmund Freud, Josef Breuer: Studien über Hysterie. Franz Deuticke, Leipzig und Wien 1895, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Studien_%C3%BCber_Hysterie_267.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)