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Seite:De Studien über Hysterie 219.jpg

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selbst mit seiner Fülle von Affect und der Einengung des Bewusstseins den hypnoiden Zuständen nahe verwandt.

Das Hypnoid tritt am deutlichsten in die Erscheinung als hysterischer Anfall, und in jenem Zustande, den man als acute Hysterie bezeichnen kann und der, wie es scheint, in der Entwicklung der grossen Hysterie eine so bedeutende Rolle spielt (pag. 207). Es sind dies lange, oft mehrere Monate dauernde, deutlich psychotische Zustände, die man oft geradezu als hallucinatorische Verworrenheit bezeichnen muss; auch wenn die Störung nicht so weit geht, treten in solchem Zustande mannigfache hysterische Phänomene auf, von denen einige auch weiterhin persistiren. Der psychische Inhalt dieser Zustände besteht zum Theil gerade aus den Vorstellungen, welche im wachen Leben abgewehrt und aus dem Bewusstsein verdrängt worden sind; („hysterische Delirien der Heiligen und Nonnen, der enthaltsamen Frauen, der wohlerzogenen Kinder.“)

Da diese Zustände so oft geradezu Psychosen sind und doch direct und ausschliesslich der Hysterie entstammen, kann ich mich der Meinung Möbius' nicht anschliessen: „man könne, – abgesehen von den mit dem Anfalle verknüpften Delirien, von einem eigentlichen hysterischen Irresein nicht reden“.[1] Diese Zustände sind in vielen Fällen ein solches; und auch im weitern Verlauf der Hysterie wiederholen sich solche Psychosen, die freilich im Wesen nichts anderes sind als das psychotische Stadium des Anfalles, aber bei monatelanger Dauer doch nicht wohl als Anfälle bezeichnet werden können.

Wie entstehen diese acuten Hysterien? In dem bestbekannten Falle (Beobachtung I) entwickelte sie sich aus der Häufung der Hypnoidattaquen; in einem anderen Falle (von schon bestehender, complicirter Hysterie) im Anschluss an eine Morphinentziehung. Meist ist der Vorgang ganz dunkel und harrt der Klärung durch weitere Beobachtungen.

Für diese, hier besprochenen Hysterien gilt also der Satz von Möbius: „die der Hysterie wesentliche Veränderung besteht darin, dass vorübergehend oder dauernd der geistige Zustand des Hysterischen dem des Hypnotisirten gleicht“ (a. a. O. pag. 16).

Das Fortdauern der im Hypnoid entstandenen hysterischen Symptome während des normalen Zustandes, entspricht vollständig unsern Erfahrungen über posthypnotische Suggestion. Damit ist aber auch schon gesagt, dass Complexe von bewusstseinsunfähigen Vorstellungen


  1. Möbius: Gegenwärtige Auffassung der Hysterie. Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie, 1895, I. Bd., p. 18.
Empfohlene Zitierweise:
Sigmund Freud, Josef Breuer: Studien über Hysterie. Franz Deuticke, Leipzig und Wien 1895, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Studien_%C3%BCber_Hysterie_219.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)