Er ergriff sie heftig: »Nein, nein, so Gott mir helfe; man müßte mir denn ans Leben wollen!«
Die blauen Augen sahen strahlend in die seinen: »Merket,« sprach sie leise, »das war ein Schwur!«
Und der Junker nickte: »Nur um mein Leben, Bärbe!«
Von droben aus dem Hause gegen die kleinen Fensterscheiben pochte eine schwache Hand, und: »Bärbe, Bärbe!« scholl es wie mühsam von einer matten Stimme. Aber noch immer lagen die Hände in einander.
Und noch einmal, und wie in ohnmächtiger Ungeduld pochte es droben an das Fenster: »Mein Vater!« rief das Mädchen; und dann leiser: »Ihr hattet wohl mit meinem Ohm zu reden, Junker!«
»Ihr mahnet recht, Jungfer;« sagte er und ließ nur zögernd ihre kleinen Hände fahren; »und auch Euer Huhn verlangt wohl nach dem Feuer. Mir aber ist, Ihr hättet eine Last von mir genommen; wollet nun dulden, daß ich solches nimmermehr vergesse!«
Dann war er durch das Thor hinausgeschritten; sie aber stand noch, bis bei einem dritten Pochen die Splitter der zerbrochenen Scheibe ihr zu Füßen klirrten; da schrak sie empor und flog eilig durch die Hausthür und treppauf nach ihres Vaters Kammer.
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_040.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)