aa) Die Vorgehensweise der Beklagten war bis zur Änderung des § 53 a. F. UrhG mit Wirkung zum 13. September 2003 gerechtfertigt (s. o. III. 3. a] bb] [2] aaa]), so dass Rechtsverletzungen erst ab diesem Zeitpunkt stattgefunden haben können.
bb) Die Kläger können auf Grund der festgestellten Verletzung der Nutzungsrechte an den sechs Aufsätzen verlangen, dass auch die Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen möglicher anderer Handlungen, die in die Nutzungsrechte an diesen Aufsätzen eingreifen, festgestellt wird; hinsichtlich anderer Aufsätze kommt die Feststellung einer Schadensersatzpflicht dagegen mangels Feststellung einer Rechtsverletzung nicht in Betracht.
Mit Bezug auf die sechs Aufsätze ist die Feststellung der Schadensersatzpflicht jedoch nicht auf die durch die Testbestellungen der Kläger ausgelösten Lieferungen im April und Mai 2004 beschränkt. Die Schadensersatzpflicht wegen der Verletzung eines Immaterialgüterrechts durch gleich liegende Handlungen kann in der Regel bereits dann festgestellt werden, wenn mindestens ein Verletzungsfall nachgewiesen wird. Erforderlich ist allerdings, dass die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung durch weitere rechtlich gleich zu beurteilende Handlungen gegeben ist. Voraussetzung dafür, dass die Schadensersatzpflicht auch hinsichtlich anderer Handlungen als der konkret festgestellten Verletzungshandlungen festgestellt wird, ist jedoch, dass dabei über alle Einwendungen, die den Bestand des Klageanspruchs oder seine Durchsetzbarkeit berühren, abschließend entschieden werden kann. Es muss deshalb feststehen, dass auch noch nicht festgestellte, aber vom Urteilsausspruch mit erfasste Verletzungshandlungen nicht anders als schuldhaft begangen worden sind (vgl. BGH GRUR 2006, 421 – Markenparfümverkäufe Tz. 47 m. w. N.).
Für die Zeit ab der Rechtsänderung zum 13. September 2003 traf die Beklagten zumindest der Vorwurf der Fahrlässigkeit, weil sie erkennen hätten müssen, dass sich die Rechtslage zu ihrem Nachteil geändert hatte. Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage, in der sich noch keine einheitliche Rechtsprechung gebildet hat und die insbesondere nicht durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt ist, muss durch strenge Sorgfaltsanforderungen verhindert werden, dass das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zugeschoben wird. Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (vgl. BGH GRUR 2002, 248 [252] – SPIEGEL-CD-ROM m. w. N.). Das gilt für alle rechtsverletzenden Formen des Versands der sechs Aufsätze seit
Entscheidung des Oberlandesgerichts München „Kopienversand“ vom 10. Mai 2007, Aktenzeichen: 29 U 1638/06., Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_OLGM_29U1638_06_035.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)