Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. | |
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sehen, und dann, wenn du willst, laß mich im Lichte fallen.“
Auch das unbestimmte ist ein Ingrediens des Schrecklichen, und aus keinem andern Grunde, als weil es der Einbildungskraft Freyheit giebt, das Bild nach ihrem eigenen Gutdünken auszumahlen. Das bestimmte hingegen führt zu deutlicher Erkenntniß, und entzieht den Gegenstand dem willkührlichen Spiel der Phantasie, indem es ihn dem Verstand unterwirft.
Homers Darstellung der Unterwelt wird eben dadurch, daß sie gleichsam in einem Nebel schwimmt desto furchtbarer, und die Geistergestalten im Oßian sind nichts als luftige Wolkengebilde, denen die Phantasie nach Willkühr den Umriß giebt.
Alles was verhüllt ist, alles Geheimnißvolle, trägt zum Schrecklichen bey, und ist deßwegen der Erhabenheit fähig. Von dieser Art ist die Aufschrift, welche man zu Sais in Egypten über dem Tempel der Isis las. „Ich bin alles was ist, was gewesen ist, und was seyn wird. Kein sterblicher Mensch hat meinen Schleyer aufgehoben.“ – Eben dieses Ungewisse und Geheimnißvolle giebt den Vorstellungen
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_358.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)