Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. | |
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was dem Naturgesetz nicht unterworfen ist, hat von der Natur ausser uns, als Macht betrachtet, nichts zu befahren. Die Natur, vorgestellt als eine Macht, die zwar unsern physischen Zustand bestimmen kann, aber auf unsern Willen keine Gewalt hat, ist dynamisch oder praktisch erhaben.
Das Praktischerhabene unterscheidet sich also darinn von dem Theoretischerhabenen, daß es den Bedingungen unsrer Existenz, dieses nur den Bedingungen der Erkenntniß widerstreitet. Theoretischerhaben ist ein Gegenstand, insofern er die Vorstellung der Unendlichkeit mit sich führet, deren Darstellung sich die Einbildungskraft nicht gewachsen fühlt. Praktischerhaben ist ein Gegenstand, insofern er die Vorstellung einer Gefahr mit sich führt, welche zu besiegen sich unsre physische Kraft nicht vermögend fühlt. Wir erliegen an dem Versuch, uns von dem ersten eine Vorstellung zu machen. Wir erliegen an dem Versuch, uns der Gewalt des zweyten zu widersetzen. Ein Beyspiel des ersten ist der Ocean in Ruhe, der Ocean im Sturm ein Beyspiel des zweyten. Ein ungeheuer hoher Thurm oder Berg kann ein Erhabenes der Erkenntniß abgeben. Bückt er sich zu uns herab, so wird er sich in ein Erhabenes der Gesinnung verwandeln. Beide haben aber wieder das mit
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_325.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)