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Seite:De Neue Thalia Band3 274.jpg

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

uralten gothischen Wendeltreppe, klang so sonderbar und romantisch in meinen Ohren, daß ich still stand, und meiner Führerin scharf und forschend unter die Augen sah. „Ja, sagte sie, hier gab der Ritter seinem Feinde, dem Bischof von Bamberg die Hand, und gelobte ihm Frieden und Freundschaft, aber der Pfaff wußte nicht, daß es Götz mit der eisernen Hand war, und ärgerte sich gewaltig, als man es ihm sagte.“ – Ich gieng in mein Zimmer, wünschte den Mädchen eine gute Nacht, und schloß die Thüre ab, um ungestört meinen Gedanken nachhängen zu können. Eine Menge seltsamer Gedanken drang auf mich ein, meine Einbildungskraft brannte von Götz, Hutten und Sickingen, und ich wünschte nichts sehnlicher als diese Heroen Deutschlands nur einmal gesehen zu haben, in dem Glanze und in der Würde ihres wunderbaren Berufs. Alle ihre Lebensbeschreiber und Anecdotensammler kommen darin überein, daß die Männer nur so derb und durchgreifend waren, wenn sie sich öffentlich zeigten, in ihren Häusern, unter ihren Freunden Weibern und Kindern sollen sie die liebenswürdigsten Geschöpfe gewesen seyn. Hutten, dessen feuervolle, mit wahrem demosthenischen Geiste geschriebene Briefe Reden und Gedichte ich neulich wieder verschlang, ist bis zu Thränen rührend, wenn er eheliche Glückseligkeit schildert, wenn er gleichsam girrt nach inniger Vereinigung

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_274.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)