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Seite:De Neue Thalia Band3 262.jpg

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

umhergieng, unvermuthet einen vaterländischen Baum erblickte, ihn schwärmerisch, mit Freudenthränen umarmte und ausrief: „Ah, das ist O-Taiti, das ist O-Taiti!“ – Eben so geht es mir jetzt, wo ich nur ein Plätzchen ausspähe, das mit unsern Lieblingsplätzchen Aehnlichkeit hat – und die süßeste aller Träumereyen umgaukelt meine Sinne.

Wenn du mich sähest, wie ich einherstürme über die Ebenen, wie ich rastlos Felsen erklettere, und wie mir wohl ist unter dem heitern offnen Himmel Gottes. O, mein Einziger, es giebt noch Freuden auf diesem Erdenrunde, ich war ein Thor, daß ich mich mit Unmuth quälte. Ist doch jede Pflanze, jedes Würmchen, geschweige denn der göttliche Blick ins Universum für den gesunden Beobachter eine unerschöpfliche Quelle reiner unbeneideter Wonne. Gesund müssen wir freylich seyn, gesund an Körper, Verstand und Herz, sonst schwimmt die ganze herrliche Welt vor unsern Augen, wie häßliche, schauerhafte Trümmer, voll Schlangen, Nattern, Drachen, oder was noch ärger ist, voll horazischer Ungeheuer: Venusköpfe auf Pferdehälsen, Basiliskenleiber mit Mädchenbusen und Fledermausflügeln; nirgends Harmonie, überall Zwietracht und empörender Widerspruch! –

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_262.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)