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Seite:De Neue Thalia Band2 349.jpg

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

in die Geheimnisse deiner tiefen Kenntnisse einzuweihen. – „Du kannst hier nichts befremdliches finden, sobald du nur über die Natur der Liebe, wie wir sie bisher gemeinschaftlich bestimmt haben, mit mir einig bist. Es ist auch hier nichts anders, als was wir oben gefunden haben; die sterbliche Natur strebt, so gut sie kann, nach Fortdauer und Unsterblichkeit. Der einzige ihr mögliche Weg zu diesem Ziele aber ist die Zeugung, durch welche immer etwas Neues an die Stelle des Alten tritt. Man schreibt nämlich auch dem thierischen Wesen Leben und Substanzialität als Prädikate zu. So wie man z. B. auch bey einem Menschen, von seiner Kindheit an bis in sein spätstes Alter, immer sagt: er ist der nämliche; obgleich die Beschaffenheiten desselben niemals die nämlichen sind, indem beständig etwas an ihm entsteht, während auf der andern Seite beständig etwas vergeht, und zwar nicht nur in Rücksicht seines Körpers, der Haare, des Fleisches, der Knochen, des Bluts u. s. w., sondern selbst auch in Rücksicht seiner Seele, der Sitten, Gewohnheiten, Meinungen, Begierden, angenehmer und unangenehmer Leidenschaften; alles das bleibt bey keinem Menschen unverändert, sondern ein Theil entsteht, der andre verliert sich. Ja was noch weit auffallender ist, unser Wissen selbst, und zwar

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_349.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)