vom Tförmigen zum lateinischen Kreuze gefunden und an einer durchaus nicht als Wölbebau beabsichtigten Anlage gezeigt, wie die mit der ganzen Entwickelung aufs Engste verbundene Festsetzung der Kreuzesmitte zum Quadrat unbewusst der Anlage von Gewölben vorarbeitete.
Dass diese Vierung auch im Aufbau nach ihrer centralen Bedeutung nachdrücklichst hervorgehoben war, erscheint sicher und nichts hindert anzunehmen, dass dies wie in Michelstadt durch seitliche, von weiten Oeffnungen durchbrochene Wände geschah, die dann später beim Umbau bis auf die Wandpfeiler abgebrochen wurden und so beinahe von selbst auf die Ausbildung der im Grundriss kreuzförmigen Pfeiler hinwirkten.
Eine Betonung dieses centralen Mittelpunkts jedoch nach Aussen durch einen Vierungsthurm erscheint mir für die älteste Zeit unwahrscheinlich; ausgeschlossen aber ist es nicht, dass späterhin ein solcher aufgesetzt wurde, doch wohl nur in Holzkonstruktion, da meinem Erachten nach ein steinerner Thurmbau von dem Architekten der Ueberwölbung sicherlich nicht abgebrochen, sondern mitbenutzt worden wäre.
Zeit der Ueberwölbung 1162 bis 1185.
In dem in der ersten Periode geschilderten Bestande mag die Kirche mit wenigen Veränderungen das ganze 10. und 11. Jh. hindurch verblieben sein, bis nach den Bürgerkriegen unter Heinrich IV und nach den vielfachen Fehden und Parteikämpfen unter Heinrich V Nachfolger Lothar in der ersten Halfte des 12. Jhs, gen 1138 allmächlich wieder eine Beruhigung und Sammlung eintrat, unterstützt durch die thatkräftige Regierung der Zähringer, die seit Berthold II nach 1ogo ihre Residenz zu Breisach genommen zu haben scheinen.
Namentlich unter Berthold IV, welcher der Ueberlieferung nach auch den neuen Burgbau aufführte, muss reges Leben in Breisach geherrscht haben, und daher ist die Annahme, es möchte zu dieser Zeit auch am Münster gebaut worden sein, nicht ohne Weiteres abzuweisen, zumal sie durch die baulichen Reste des nördlichen Querhauses, sowie der Thurmuntergeschosse unterstützt zu werden scheint. Allerdings zeigt das Detail und die Ornamentation dieser Bautheile nicht die um die Mitte des 12. Jhs. an anderen Orten bereits angewendete Formenfülle, sondern ist äusserst schlicht und streng und lässt vermuthen, dass der Bau völlig für sich, ohne Zusammenhang mit den entwickelteren, rheinischen Bauschulen entstand.
Die Antwort auf die Frage, wie weit sich die damalige Bauthätigkeit ausdehnte und was heute noch davon vorhanden, vor allem ob die Ueberwölbung in jener Zeit vorgenommen wurde, ruft einige Schwierigkeiten hervor. Denn einerseits können die in ihrer formalen Ausbildung äusserst alterthümlich erscheinenden Kapitäle und Sockel der in den Ecken der Vierungs- und Langhauspfeiler hochgeführten Wanddienste, jene mit der nur durch Abschrägen der unteren Ecken angedeuteten Würfelform, diese mit den fehlenden Eckknollen an den steil attischen Profilen, auch wenn wir annehmen, dass der Breisacher Bau ohne Zusammenhang mit den damals bereits bedeutend vorgeschritteneren klösterlichen Bauschulen entstand, unmöglich später als im Anfange der zweiten Halfte des 12. Jhs. entstanden sein, während andererseits eben diese Wanddienste, unzweifelhaft mit den Pfeilern zusammen erstellt und nicht erst später eingesetzt, deutlichst
Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden. Band 6. Jacob Christian Benjamin Mohr, Tübingen und Leipzig 1904, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kunstdenkm%C3%A4ler_Baden_6_071.jpg&oldid=- (Version vom 22.8.2024)