Wahrscheinlich, um seine Miene zu beruhigen, nahm er wieder das Heftchen vor.
„Es hilft nichts,“ fuhr K. fort, „auch Ihr Heftchen, Herr Untersuchungsrichter, bestätigt, was ich sage.“ Zufrieden damit, nur seine ruhigen Worte in der fremden Versammlung zu hören, wagte es K. sogar, kurzerhand das Heft dem Untersuchungsrichter wegzunehmen und es mit den Fingerspitzen, als scheue er sich davor, an einem mittleren Blatte hochzuheben, so daß beiderseits die engbeschriebenen, fleckigen, gelbrandigen Blätter hinunterhingen. „Das sind die Akten des Untersuchungsrichters,“ sagte er und ließ das Heft auf den Tisch hinunterfallen. „Lesen Sie darin ruhig weiter, Herr Untersuchungsrichter, vor diesem Schuldbuch fürchte ich mich wahrhaftig nicht, trotzdem es mir unzugänglich ist, denn ich kann es nur mit zwei Fingerspitzen anfassen und nicht in die Hand nehmen.“ Es konnte nur ein Zeichen tiefer Demütigung sein oder es mußte zumindest so aufgefaßt werden, daß der Untersuchungsrichter nach dem Heftchen, wie es auf den Tisch gefallen war, griff, es ein wenig in Ordnung zu bringen suchte und es wieder vornahm, um darin zu lesen.
Franz Kafka: Der Prozess. Berlin: Verlag die Schmiede, 1925, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Proze%C3%9F_072.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2018)