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Seite:De Kafka Brief an den Vater 062.jpg

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fähig war, entwickelten, wobei ich gar nicht in Rechnung stelle, dass sie kränklich gewesen ist, auch sonst nicht sehr glücklich war und eine trostlose Häuslichkeit auf ihr lastete. Das für mich Beziehungsreiche Deines Verhältnisses zu ihr hast Du in einem für uns klassisch gewordenen, fast gotteslästerlichen, aber gerade für die Unschuld in Deiner Menschenbehandlung sehr beweisenden Satz zusammengefasst: „Die Gottselige hat mir viel Schweinerei hinterlassen.“

Ich könnte noch weitere Kreise Deines Einflusses und des Kampfes gegen ihn beschreiben, doch käme ich hier schon ins Unsichere und müsste konstruieren, ausserdem wirst Du ja, je weiter Du von Geschäft und Familie Dich entfernst, seit jeher desto freundlicher, nachgiebiger, höflicher, rücksichtsvoller, teilnehmender (ich meine: auch äusserlich) ebenso wie ja z.B. auch ein Selbstherrscher, wenn er einmal ausserhalb der Grenzen seines Landes ist, keinen Grund hat noch immer tyrannisch zu sein und sich gutmütig auch mit den niedrigsten Leuten einlassen kann. Tatsächlich standest Du z.B. auf den Gruppenbildern aus Franzensbad immer so gern und fröhlich zwischen den kleinen mürrischen Leuten, wie ein König auf Reisen. Davon

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Franz Kafka: Brief an den Vater, Seite 16b. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Brief_an_den_Vater_062.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)