Hier liegt ein geiler Mann / so der verkehrten Weldt /
Den grif der schlipffrigkeit hat künstlich fürgestelt /
Die Venus / daß ihr Sohn den Bogen besser dehne /
Nam ihr verbuhltes Glied / und gab es ihm zur sehne.
Durch meine kluge Handt lebt eine junge Welt /
Viel waß mich jetzt betrübt / daß hab ich auffgestelt.
Rühmt / Rühmt euch Heldinen; Doch sagt wie sichs gebühret /
Ihr habt viel abgeführt und ich viel auffgeführet.
Dem ich das Leben gab der hat es mir genommen /
Ich bin durch die gebührt an diese Stätt gekommen /
Doch wil ich diese schmach nicht unbeklagt vertragen /
Ich wil es alsobald der Grossen Mutter sagen.
Sieh’ erstlich deinen Leib und den die Grab-Schrifft an /
In dehm nicht jederman alhier bestehen kan:
Hier liegt ein geiles Weib / so schmertzlich hat gebethen /
Es soll kein Joseph nicht zu ihrem Grabe treten.
Ich Grüste kaum die Welt und dessen weite Pracht /
So zwang mich meine schuld / zu geben guthe nacht /
Das Früstück hat ich kaum in meinen Mundt genommen /
Da war die Paßport mier schon in die Hände kommen.
anonym (Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau): Hundert Grab-Schrifften.. , Breslau (?) 1662, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_HvW_Grabschriften_19.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)