Ich war ein Alchimist / ich dachte Tag und Stunden /
Auff eine newe Kunst deß Todes frey zu sein /
Das was ich stets gesucht das hab ich nie gefunden /
Und was ich nie gesucht das stelt sich selber ein.
Mein Geld blieb in der Gluth / mein Blumwerck in der Erden /
Der kummer ließ mich nicht zu einem Betler werden.
Ich starb zu rechter zeit und ward gewünscht entbunden /
Die Blumen hat der Leib das Geld die Seel gefunden.
Ich bin in freyer Lufft auff Stricken stets gegangen /
Ich ward an einem Strick in freye Lufft gehangen /
Mein Leib der nehrte sich von Stricken und von Lufft
Nun bringt mich Lufft und Strick auch endlich in die Grufft.
Hier liegt ein fauller Leib / der auß dem Tage Nacht /
Und auß dem Leben Todt durch Schlaffen hat gemacht /
Auß alzugrosser furcht das er nicht werd’ erwecket /
So hat er sich alhier in diese Grufft verstecket /
Ich Brante / Hieb und Stach / ich Wachte / Brach und Raubte /
Ich Jagte / Schoß und Warff / ich Drawte / Zörnt’ und Schnaubte /
Die Arbeit die ich that ist nicht umb sonst verbracht /
Sie hat mier Weg und Steg zur Hellen weit gemacht.
anonym (Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau): Hundert Grab-Schrifften.. , Breslau (?) 1662, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_HvW_Grabschriften_14.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)