Paul Joachimsen: Geschichtsauffassung und Geschichtsschreibung in Deutschland unter dem Einfluss des Humanismus | |
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das ist Sabellicus, nennt uns noch Barbaren. Es ist Zeit, daß, wie das Imperium nach Deutschland gewandert ist, nun auch die Studien hier ihre Heimat finden.
Aber der Boden für solche Ideen war in Ingolstadt noch zu wenig beackert, schon nach einem halben Jahre setzt Celtis seinen Stab weiter, es scheint, als ob Nürnberg seine Heimat werden soll. Hier hat in diesen Jahren der Humanismus in Sebald Schreyer zum erstenmal einen einheimischen Protektor großen Stils erhalten, und Schreyer ist es, der Celtis am 30. November 1493 zur Verbesserung der soeben erschienenen Schedelschen Weltchronik verpflichtet.[1] Die Chronik soll zunächst „in einen anderen form“ gebracht werden. Das bezieht sich sicher auf stilistische Änderungen, der neue Stil, das an italienischen Vorbildern geschulte Latein des Celtis, das Leuten aus der alten Schule, wie dem Stadtschreiber Georg Alt, soviel Kopfzerbrechen machte[2], sollte nun auch in Nürnberg einziehen. Aber der Auftrag geht weiter: Celtis soll auch „eine newe Europa“ machen „und annders darczu gehörig“ – wir dürfen sagen, diese Europa, die an Stelle der des Enea Silvio den Anhang der neuen Weltchronik gebildet hätte, sollte das Gefäß werden, in das Celtis sein neues Deutschland bringen wollte.
Neben diesem Plane steht ein anderes literarisches Unternehmen, der „Archetypus liberalium artium“ Peter Danhausers.[3]. Wieder ist Schreyer der Protektor und finanzielle Garant und Celtis der Berater, vielleicht sogar der Anreger.[4] So weit wir sehen können, sollte das Buch eine illustrierte Chrestomathie aus den Dichtern, Rednern und Geschichtschreibern werden, also eine humanistische Realenzyklopädie, sicher mit propagandistischer Absicht. Sie ist ebenso wenig geschaffen worden, wie die Bearbeitung der Schedelschen Chronik. An diese wird Celtis kaum eine Hand gelegt haben, aber von dem Archetypus hören wir noch einmal im August 1496[5]: da ist der Plan erweitert, statt 9 soll das Buch 20 Abschnitte umfassen, dazu ein Apologeticon poetarum und es heißt jetzt Archetypus triumphantis Romae.
Woher der neue Titel? Wir können an nichts anderes denken, als an die Roma triumphans, mit der der alternde Flavio Biondo sein Lebenswerk krönte. War auch der Inhalt zum Vorbild genommen, so hätte das Buch jetzt auch eine Darstellung der Verfassung des alten Roms bringen müssen, wie sie Biondo mit sicherer Gelehrsamkeit bot. Sie hätte gezeigt, was Biondo zeigen wollte, durch welche Mittel die Römer die Herren des Erdkreises geworden waren,
- ↑ [269] 4) Der Vertrag ist gedruckt von Hans Bösch i. d. Mitteil. a. d. germ. Nationalmuseum I, 37 f.
- ↑ [269] 5) Sein Brief an Celtis aus Anlaß der ihm aufgetragenen Übersetzung der Norimberga: de multis vocabulis tuis mihi opus est auxilio (clm. 431 f. 54).
- ↑ [269] 6) Titel nach dem ersten Vertrag zwischen Schreyer und Danhauser bei Hartmann l. c. 59, wo aber statt artium libellum architipus jedenfalls liberalium zu lesen ist.
- ↑ [269] 7) l. c. heißt es: contractus inter me Petrum Danhauser ex una et me Sebaldum Schreyer ex altera parte factus est per egregium et doctissimum dominum Conradum Celtis.
- ↑ [269] 8) Zweiter Vertrag zwischen Schreyer und Danhauser l. c. 60 ff.
Paul Joachimsen: Geschichtsauffassung und Geschichtsschreibung in Deutschland unter dem Einfluss des Humanismus. Teubner, Leipzig 1910, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichtsauffassung_156.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)