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Seite:De DZfG 1895 12 122.jpg

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Russland und England ihre Forderungen nicht modificiren würden, um den Hochmuth der Französischen Regierung zu beugen, aber er hält es für dringend nöthig, den Frankreich feindlichen Höfen den Rath zu geben, sich durch das geringe Entgegenkommen des Wiener Cabinets nicht abschrecken zu lassen, sondern es mit Schonung zu behandeln, schon um ihm keinen Vorwand zu liefern, sich positiver für Frankreich zu erklären. Er hofft[1], die Russen wurden auch im Falle eines zweiten Feldzuges klug genug sein, Oesterreich zu schonen, dann würde es wie bisher eigentlich thatlos bleiben. Andere Staaten, sagt er im Hinblick auf Preussen, können allerdings durch ihre geographische Lage eine gleiche Inactivität nicht einhalten, aber er warnt auch schon vor den Russischen Gelüsten: man meine[2] in Russland allgemein, dass es seine Grenzen bis zur Weichsel ausdehnen würde. Das müsse Preussen verletzen, Oesterreichs Verdacht erregen und widerspräche den Principien des Europäischen Gleichgewichts. Humboldt konnte nicht ahnen, dass zwei Tage, bevor er dies niederschrieb, sein König in einem eigenhändigen Aufsatze den Bedenken vor den Uebergriffen Russlands Ausdruck geliehen hatte[3].

Die Ereignisse in Preussen drängten zum Handeln, und es galt jetzt, Oesterreich zum Waffenbunde zu gewinnen. Darauf legte vor Allem der König das höchste Gewicht; er hatte schon im October 1812 auf die Russischen Eröffnungen hin erklärt[4], ohne Oesterreich könne er nichts unternehmen; unterstütze ihn dieses, so würde er sein System wechseln und alle Mittel aufbieten, seine Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Um diese Unterstützung zu gewinnen, wurde Oberst v. Knesebeck nach Wien geschickt.

Bevor dieser dort anlangte, drängte Humboldt in einer Depesche vom 6. Januar 1813 auf Herstellung des Einvernehmens zwischen Russland und Oesterreich; von seinem Auftreten Napoleon gegenüber mache ihm Metternich vollständige Mittheilung, und er findet die Sprache des Wiener Cabinets jetzt durchaus würdig[5]. Er versteht auch, dass Russland und England von

  1. Bericht vom 26. December 1812.
  2. Bericht vom 30. December 1812.
  3. Oncken a. a. O. I, 47.
  4. Oncken I, 27.
  5. Es handelt sich um die Mission Bubna’s; darüber Oncken I, 56 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_122.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)