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Seite:De DZfG 1891 06 002.jpg

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von Jugend auf Soldat, verleugnete nicht das Illyrische Bauernthum, dem er entstammte, ohne grosse geistige Gaben, rücksichtslos bis zur Grausamkeit, aber ein guter Officier und Regent. Den kirchlichen Bewegungen der Zeit, namentlich dem grossen Kampf der Arrianer und Athanasianer, steht er ziemlich theilnahmelos gegenüber. Valens bekannte sich mit Leidenschaft zum Arrianischen Glauben. Ohne unkriegerisch zu sein, besass er nicht in so hervorragendem Masse wie sein Bruder eine militärische Begabung, aber er ist vor allem ein ausgezeichneter Verwalter, ein Mann, der nach Kräften seiner schweren Pflicht gerecht zu werden sucht, der ohne eigenen Ehrgeiz sich dem älteren Bruder zum Wohl des Ganzen willig fügt. Und Einigkeit, Tüchtigkeit that noth: das Westreich war von den Alamannen bedroht, die auf die Nachricht von Julianus’ Tode sich zu einem neuen Vorstoss rüsteten, Britannien von Pikten und Skoten überschwemmt, Pannonien von Quaden und Sarmaten gefährdet; im Osten drangen die Neuperser unter ihrem alten König Schâpûr in Armenien ein, um sich dort wieder das Uebergewicht zu sichern. Valentinianus begab sich sofort an die Nordwestgrenze, für Valens war die Persergefahr am dringendsten; ihr wollte er auch zuerst begegnen. Doch da er kaum seiner Hauptstadt den Rücken gekehrt hatte, brach, durch die bei dem Thronwechsel zurückgesetzte Partei des Constantinischen Hauses angezettelt, ein Aufstand aus, der Procopius, den letzten männlichen Verwandten des Hauses, auf den Thron erhob.

Die Empörung wurde, obwohl sie sich weit verbreitet hatte, schnell unterdrückt und der Thronprätendent enthauptet. Aber auch jetzt konnte Valens noch nicht seinen ursprünglichen Plänen nachgehen: ihn hielt ein Krieg mit den Gothen zurück, bei denen Procopius Unterstützung gefunden hatte. Es war nicht das erste Mal, dass sich Römer und Gothen begegneten. Schon lange sassen diese, in Ost- und Westgothen getheilt, nördlich der Donau in der alten Römischen Provinz Dacien, die seit nahezu 100 Jahren aufgegeben war, und weiter nördlich und nordöstlich. Auf die Zeit heftiger Angriffe war eine Ruhepause gefolgt, und friedliche Beziehungen hatten in den letzten Jahrzehnten sich angebahnt. Eine Verletzung des Friedens warf man sich jetzt gegenseitig vor, dadurch kam es zum Kriege. Drei Jahre gingen über den Kämpfen hin; die Römer waren

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_002.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)