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Seite:De DZfG 1890 03 398.jpg

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bedeutsame Stellung sehen wir wieder die Böhmischen Waldenser um 1430 einnehmen; die damals in Freiburg in der Schweiz verfolgten Waldenser, in deren Lehren sich Taboritische Elemente noch kaum erkennen lassen, geben an, ihre Lehrer kämen aus Deutschland und Böhmen[1], und um dieselbe Zeit werden von den Waldensern in der Dauphiné Geldspenden an ihre Glaubensgenossen nach Böhmen gesandt[2]. Wohl unter dem Einfluss der um 1430 über die Deutschen Waldenser hereingebrochenen neuen Verfolgungen ist dann in der nächstfolgenden Zeit jene enge Allianz zwischen dem Deutschen Waldenserthum und den Taboriten zu Stande gekommen, welche für das erstere in der Hauptsache ein Aufgeben des eigenen Bekenntnisses zu Gunsten des Taboritischen bedeutete; wir entnehmen dies sowohl aus den von dem Waldenserbischof Reiser vor der Inquisition zu Strassburg gemachten Geständnissen, als auch aus der Thatsache, dass damals Taboritische Bekenntnissschriften, wie die „Confessio Taboritarum“ vom Jahre 1431 in die Waldensische religiöse Literatur übergegangen und, ohne Zweifel durch Vermittlung der Deutschen Waldenser, ins Provençalische übersetzt worden sind[3]. Die Geschichte der erfolgreichen Propaganda in Deutschland, welche von diesem Taboritisch beeinflussten Waldenserthum ausgegangen ist, haben wir an anderem Orte dargestellt; ihr Niedergang fällt mit der Auflösung der Taboritenpartei zusammen. Wie Procop

    Waldenser etc. S. 20 f.) die „Picarden“ von 1418 als Romanische Waldenser. Dass solche um jene Zeit nach Böhmen flüchteten, scheint aus einer Angabe Friedrich Reiser’s (Böhm S. 81) hervorzugehen, wonach angeblich Reiser um 1420 in der Nähe von Basel auf vertriebene Waldenser, welche sich nach Böhmen begaben, gestossen ist; doch beruht möglicherweise die Stelle auf freier Erfindung von Reiser’s Biographen Jung. Für Palacky’s frühere Annahme (Gesch. v. Böhmen III, 2, 228), die „Picarden“ von 1418 seien aus den Niederlanden gekommen, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Principiellen Widerspruch gegen die katholische Lehre von der Transsubstantiation – gerade dieser charakterisirte in den Augen der Böhmen die Picarden von 1418 – hat das Waldenserthum, wie es scheint, nicht erhoben (vgl. C. Müller, Die Waldenser S. 117).

  1. Ochsenbein, Aus dem Schweizerischen Volksleben des 15. Jahrhunderts S. 384.
  2. Mansi, Collectio conciliorum XXIX, 402.
  3. Vgl. „Husitische Propaganda“ S. 282 und meine „Waldensia“ in der Zeitschrift für Kirchengeschichte X, 2 (1888) S. 311 f.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 398. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_398.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2022)