Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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dass Lecky’s Standpunkt durch die jetzt gebotene reichliche Actensammlung vielleicht genauer präcisirt, aber doch im Ganzen vollauf gerechtfertigt wird. Die Rolle, die Frankreich im Laufe des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges gespielt hat, die rastlos auf Englands Erniedrigung, auf Zerfleischung der Engländer untereinander gerichtete Politik des Französischen Ministers Vergennes, die zweideutige Art, wie das Versailler Cabinet in den Gang der Friedensverhandlungen eingegriffen hat: alles dieses steht jetzt so fest, dass jeder Versuch, zu den alten Fabeln zurückzukehren, aussichtslos geworden ist. Der Bewunderung, die von Doniol dem Grafen Vergennes gezollt wird, thut das freilich keinen Eintrag: es lag etwas von gesunder nationaler Selbstsucht an dem Verfahren dieses Ministers; krankhaft war daran nur das Bestreben, den ihm nicht an Macht, aber an Schlauheit überlegenen Amerikanern einreden zu wollen, dass sie Frankreich weit mehr verpflichtet seien, als dies wirklich der Fall war. – Einen anderen werthvollen Beitrag zur Englischen Geschichte verdanken wir gleichfalls Französischer Hand[1]: es ist die Depeschensammlung Odet de Selve’s, Botschafters in England am Hofe Heinrich’s VIII. und Eduard’s VI. Sie bringt ausführliches, beinahe erschöpfendes Material zur äusserst wünschenswerthen Klarstellung der Schottisch-Englischen Wirren jener Zeit, aber sehr wenig über die Zustände im Innern von England.
Der augenblickliche Stand der Irischen Frage macht es erklärlich, dass die geschichtlichen Voraussetzungen, aus denen sie sich entwickelt hat, zu einem Gegenstande theils gründlicher Untersuchung, theils oberflächlicher Betrachtung geworden sind. Als Frucht solcher ergibt sich dann eine Geschichtsdarstellung, die zumeist parteiisch angehaucht und selten objectiv gehalten ist. Ein Muster tendenziöser Auffassung liegt in den zwei Capiteln Irischer Geschichte vor, die von Ingram erzählt werden[2]. Sie beziehen sich auf das von Jacob II. im Jahre 1689 einberufene Irische Parlament, an dem auch nicht ein gutes Haar gelassen wird, und auf den Bruch der Capitulation von Limerick, den Verf. zu rechtfertigen sucht. Kann man ihm, was das Parlament von 1689 betrifft, einigermassen und sehr bedingt zustimmen, so muss man doch gegen die förmliche Glorificirung des Vertragsbruchs, zu welcher er im Punkte der Limerick-Capitulation sich aufschwingt, Verwahrung einlegen.
Das Leben eines gefeierten Irischen Patrioten des vorigen Jahrhunderts, Henry Grattan’s, bringt uns Rob. Dunlop so rein objectiv
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_242.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2022)