Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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Heiterkeit des Sinnes“ wie der „weltverschönernde Blick“, worin er die vornehmsten Eigenschaften sah, um von vielen geliebt zu werden, zeitlebens versagt[1]. Unbegreiflich musste es ihm daher erscheinen, dass Rousseau allen Ausfällen gegen unsere Culturverhältnisse zum Trotz gegen Voltaire die unbegrenzte Güte der Naturabsicht vertheidigte, und die Lehre des Genfers von einem verlorenen Paradiese, wie die Zukunftsträume anderer Philosophen dünkten ihm in gleichem Masse verächtlich, während die allegorische Wahrheit des Mythos vom Sündenfall ihn allein mit dem alten Testamente aussöhnte. Dagegen lehrt uns die im Christenthume so tief erfasste Nichtigkeit alles Daseins, dass das Menschenleben schliesslich nur den Stoff zu Tragödien oder Komödien darbiete[2], und in der Durchführung dieses niederschlagenden Gedankens lässt uns die durchaus in ästhetischen Grundanschauungen wurzelnde Philosophie Schopenhauer’s, die man eine Elegie grossen Styles nennen möchte, die Erlösung von dem Joche des Willens zum Leben in der göttlichen Kunst finden, wenn wir nicht bis zur Weltentsagung der Anachoreten und indischen Büsser vordringen. So endet seine unleugbar atheistische Lehre[3] mit dem rettenden Glauben an die Gottheit des Genies[4] und die Heiligkeit des Asketen, wodurch er seine Geistesverwandtschaft mit der Romantischen Schule bei aller Polemik gegen die Fratzen dieser Richtung erweist. Wir werden danach mit der Vermuthung nicht irre gehen, dass auch
- ↑ Memorab. S. 257.
- ↑ Welt als Wille etc. 2, 657; 666–72.
- ↑ Vgl. ausser den einschlägigen Capiteln s. Schriften Memorab. 246; 463 ff. u. 239 die Randbemerkung zu einem bei Schleiermacher nachgeschriebenen Collegienhefte: „Keiner, der religiös ist, gelangt zur Philosophie, er braucht sie nicht. Keiner, der wirklich Philosoph ist, ist religiös: er geht ohne Gängelband, gefährlich, aber frey.“ In seinem Hass auf den „Judengott“, der in allen möglichen Variationen wiederkehrt, kann er den Voltaireschüler nicht verleugnen. Schon bei seinem Röm. Aufenthalte 1819 liebt er es, die Deutsche Colonie im Café Greco mit den Worten zu reizen: „Das Beste an den Deutschen ist noch, dass sie überhaupt keine Religion mehr haben“, vgl. Cornill, J. v. Passavant. Neujahrsblatt des Frankfurter Vereins f. Geschichte u. s. w. 1864, S. 67.
- ↑ Frauenstädt, Deutsch. Mus. 1867, S. 677 (Dresden 1814): „Die Philosophie ist so lange vergeblich versucht, weil man sie auf dem Wege der Wissenschaft, statt auf dem der Kunst suchte.“
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_053.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2022)