Ludwig Quidde (Herausgeber): Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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miteinander verbunden, Aufgabe der Stände aber ist es, das Volk gegen Schädigung zu vertheidigen. Von da zog er jetzt die letzte Folgerung, indem er die Generalstände als Vertreter des Volkes fasste. „Ihr vertretet“, so hatte er ihnen bereits in dem Gutachten von Ende October[1] gesagt, „die Gesammtheit des Volkes, dessen Freiheit und Wohl ihr gleichsam in Verwahr habt; in dieser Eigenschaft habt ihr auch den Eid des Königs angenommen.“ „Bedenkt“, sagt, er jetzt, „dass ihr nicht eure Sonderangelegenheiten behandelt, dass vielmehr eine unübersehbare Masse der Adelichen, der Bürger, des Volkes, da sie nicht alle auf dem Platz sein können, euch gewählt haben, und dass sie ihr Leben in eure Hand gelegt haben, in dem Vertrauen, dass ihr in aller Aufrichtigkeit für die Freiheit des gemeinsamen Vaterlandes eintreten und sie, als ihre berufenen Wächter und Beschützer, gegen all’ die mehr als barbarische Unterdrückung, die sie bisher erduldet haben, vertheidigen werdet“[2] (S. 304).
In ihrer Eigenschaft als Wächter des Rechtes und des Wohls des Volkes sollten nun aber die Generalstaaten die Landesregierung nicht nur beaufsichtigen, sondern auch im Wesentlichen leiten. „Regierung der Lande durch die Generalstaaten, unter dem durch Gesetze bestimmten Gehorsam gegen den ererbten Fürsten“ (S. 302), in diesen Worten fasst Oranien die von ihm verlangte Verfassung zusammen. Und um die hierzu erforderliche Entkräftung der monarchischen Gewalt herbeizuführen, sucht er vor allem seine tödliche Feindschaft gegen Philipp den Generalstaaten mitzutheilen: der Rache dieses Tyrannen sind sie verfallen, und durch keinerlei Zusagen, nur dadurch, dass sie ihm die Kraft nehmen, ihnen zu schaden, können sie sich retten. Im Geiste dieser Feindschaft hat man zunächst für völlige Wehrlosigkeit der königlichen Regierung zu sorgen: Don Juan muss die königlichen Truppen entlassen und darf über die staatischen Truppen keine Gewalt bekommen; dann muss festgesetzt werden, dass der Statthalter keine Truppen anwerben darf ohne Einwilligung der Generalstaaten, keine Garnisonen austheilen darf ohne Rath derselben, dass die bei den Städten errichteten Citadellen
Ludwig Quidde (Herausgeber): Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br. 1890, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_045.jpg&oldid=- (Version vom 19.10.2022)